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# taz.de -- Debatte um Impfpflicht für Pflegeberufe: Krach und Kurzrevolten
> Die Diskussion über die einrichtungsbezogene Impfpflicht dauert an. Die
> Union muss ihre Rollen noch finden – wie jüngst im Südwesten zu
> besichtigen.
Bild: Geimpft oder ungeimpft? Das wird nicht nur im Klinikum Stuttgart bald die…
Stuttgart taz | Ob, wie und wann die einrichtungsbezogene Impfpflicht in
den Gesundheits- und Pflegeberufen bundesweit durchgesetzt wird, bleibt
nach weiteren Querschüssen und Rückziehern aus den Bundesländern unklar.
Hatte Bayerns [1][Ministerpräsident Markus Söder], CSU, noch zu
Wochenbeginn im Alleingang verkündet, in [2][Bayern werde die Impfpflicht
vorerst ausgesetzt], ruderte sein Gesundheitsminister Klaus Holetschek,
ebenfalls von der CSU, am Donnerstag zurück: Bayern werde die Impfpflicht
mit ein „paar Wochen“ Verspätung einführen. Bis dahin müsse gemeinsam mit
Kommunalpolitiker:innen geklärt werden, wie genau die Regeln
vollzogen und kontrolliert werden können.
Derweil waren Unionspolitiker auch in Baden-Württemberg plötzlich der
Meinung, es gebe zu viele offene Fragen, um schon bald von Pflegekräften
eine verpflichtende Impfung erwarten zu können. Der CDU-Fraktionschef im
Stuttgarter Landtag, Manuel Hagel, wie auch der CDU-Chef Thomas Strobl
forderten eine Aussetzung des Gesetzes. Hagel stellte die Maßnahme auch
grundsätzlich in Frage: Die sektorbezogene Impfpflicht sei immer nur als
„Baustein hin zur allgemeinen Impfpflicht“ gedacht gewesen. Die werde aber
sehr wahrscheinlich nicht kommen. Bis das geklärt sei, müsse auch die
Impfpflicht für Pflegeberufe ausgesetzt werden.
## Machtwort hinter verschlossenen Türen
Damit haben die beiden für kurzen, aber kalkulierten Krach in der
grün-schwarzen Koalition in Baden-Württemberg gesorgt. Das Statement sorgte
beim Koalitionspartner erwartungsgemäß für Groll. Denn der Querschuss kam
ohne Vorwarnung. In der wöchentlichen Kabinettssitzung hatte die CDU noch
keinen Widerspruch angemeldet. Sozialminister Manfred Lucha [3][von den
Grünen] betonte denn auch etwas verdattert im Fernsehen, man werde die
Impfpflicht selbstverständlich gesetzestreu umsetzen, offene Fragen würden
derzeit auf Fachebene geklärt.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte schon vorher darauf
hingewiesen, dass Länder Bundesgesetze nicht einfach aussetzen könnten. Das
müsste eigentlich auch Innenminister Strobl wissen, findet
Oppositionsführer Andreas Stoch von der SPD. „Es geht nicht, dass ein
Minister, der für die Einhaltung von Recht und Gesetz verantwortlich ist,
sich gegen die Einhaltung von Recht und Gesetz ausspricht“, sagte Stoch.
Kretschmann trug den Zwist in den Koalitionsausschuss, der am
Donnerstagmorgen tagte. Dort wurden hinter verschlossenen Türen offenbar
Machtworte gesprochen. Jedenfalls erklärten die Fraktionschefs von Grünen
und CDU in überraschender Einigkeit, dass sie gemeinsam für die
einrichtungsbezogene wie die allgemeine Impfpflicht streiten werden.
Fraktionschef Manuel Hagel beteuerte zudem: „Bundesrecht gilt immer und wir
haben nie etwas anderes gesagt.“ Die offenen Fragen zur Umsetzung werden
nun an einen Arbeitskreis delegiert.
Das Koalitionsscharmützel im Südwesten zeigt, dass die Union ihre
unterschiedlichen Rollen in Bund und Ländern neu justieren muss. Zudem
könnten die ruhigen Tage der grün-schwarzen Koalition, für die Kretschmann
und sein Vize Strobl bisher gesorgt haben, vorbei sein. Strobl gilt als
Mann des Übergangs. Dem jungen Fraktionschef Hagel werden Ambitionen
nachgesagt, sich als möglicher Spitzenkandidat für die Zeit nach
Kretschmann warmzulaufen.
Mit der offenbar wenig durchdachten Kurzrevolte erntet die Südwest-CDU
jetzt erst einmal nur Spott. FDP-Fraktionschef Ulrich Rülke ätzt: „Die
Pantoffelhelden von der CDU sind in der Koalition gerade noch für einen
24-Stunden-Aufstand gut.“
10 Feb 2022
## LINKS
[1] /Soeders-Absage-an-die-Pflege-Impfpflicht/!5830844
[2] /Union-zur-Impfpflicht-fuer-Pflegeberufe/!5831741
[3] /Parteitag-der-Gruenen/!5832470
## AUTOREN
Benno Stieber
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Schwerpunkt Coronavirus
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