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# taz.de -- Israelischer Geheimdienst: Die tapferen Jungs vom Mossad
> Das Image des legendären Geheimdienstes bekommt Risse. Grund dafür ist
> eine Reihe von Misserfolgen, aber auch das unkoschere Verhalten des
> Ex-Chefs.
Bild: Ex-Mossadchef Jossi Cohen
Als Kind habe ich die Bücher von Shraga Gafni verschlungen. Gafni ist kein
John le Carré und auch kein Andrew Williams. In seinen Romanen sind die
Geheimagenten reinen Herzens, schöne Menschen und vollkommene Patrioten.
Lang ist es her. In der israelischen [1][TV-Serie „Teheran“ (2020)]
erscheinen die Leute vom Mossad in deutlich nüchternerem Licht. Beim
israelischen Publikum stößt die Serie auf nicht wenig Ablehnung und Spott.
Der Mossad ist einer mehrerer Nachrichtendienste Israels, nicht unbedingt
der wichtigste, aber zweifellos der bekannteste. Tatsächlich ist von einem
Institut die Rede, das im Vergleich zu weit größeren Nachrichtendiensten
über sehr bescheidene Mittel verfügt. Auf das Konto des Mossad geht eine
Reihe von erfolgreichen Missionen, von denen die meisten nie öffentlich
wurden und die, die doch Schlagzeilen machten, waren aus
nachrichtendienstlicher Perspektive nicht unbedingt die wichtigsten.
Letzthin werden dem Mossad vor allem einige Erfolge im [2][Kampf gegen das
iranische Atomforschungsprogramm] zugeschrieben. Aber der Mossad musste
auch nicht wenige Misserfolge wegstecken, die zum Teil bis heute
nachwirken, wie in Lillehammer, Zypern, Jordanien und [3][Dubai]. Die
Erfolge des Mossad – soweit sie bekannt wurden – erreichen ein weit
größeres publizistisches Echo als die der anderen israelischen
Nachrichtendienste.
Es liegt in der Natur der Sache, denn die Arbeit der Spione ist um einiges
aufregender und romantischer als die der Hacker und Abhörspezialisten,
obschon gerade ihnen im globalen Geschäft der Nachrichtendienste deutlich
mehr Gewicht zufällt. In der auf Hebräisch verfassten Spionageliteratur
wird der Mossad heute eher nüchtern dargestellt, als Organisation, die
zwischen objektiven Zwängen und politischen Interessen balanciert.
Allerdings zeichnet die Literatur im Allgemeinen ein viel heroischeres und
sympathischeres Bild als das, das sich aus der Berichterstattung in den
Medien ergibt. Früher waren die Reporter übervorsichtig und hatten
keinesfalls das Ziel, Skandale aufzudecken. Misserfolge zu vertuschen
gehörte zur Identifikation mit dem, was als nationales Interesse galt.
Heute passiert genau das Gegenteil. Aktuell dreht sich die
Berichterstattung vor allem um Ex-Mossad-Chef Jossi Cohen. [4][Die
Recherchen brachten eine ganze Serie von Peinlichkeiten ans Licht].
Cohen hat demnach Geld und Geschenke von einem australischen Millionär
angenommen, er unterhielt eine Affäre mit einer verheirateten Stewardess
und versuchte, ihren Partner durch Beförderung zum Schweigen zu bringen.
All das weckt Assoziationen an den Film [5][„Burn after Reading“] der
Coen-Brüder, der die CIA in ziemlich lächerlichem Licht präsentiert.
Die Berichte enthüllen Jossi Cohens Nähe zu Ex-Regierungschef Benjamin
Netanjahu und, wenn man den Medien glauben kann, auch zu dessen Frau Sara.
Die Institution ist zwar als exekutiver Geheimdienst definiert, der direkt
dem Büro des Premierministers unterstellt ist, hier aber entsteht der
Eindruck, dass Cohen den Mossad zu einem Werkzeug gemacht hatte, das direkt
den politischen Interessen Netanjahus diente.
Unterm Strich lässt sich sagen, dass die rechten und die Mainstreammedien
das Image des Mossad und seine romantische Aura bis heute trotz allem
pflegen. Dementgegen bemühen sich linke Autoren darum, den Mossad als
Organisation zu entlarven, die engen politischen Interessen dient. Hier ist
ohne Zweifel etwas zerbrochen. Shraga Gafni würde sich im Grab umdrehen.
Aus dem Hebräischen [6][Susanne Knaul]
5 Feb 2022
## LINKS
[1] /Apple-TV-Serie-Tehran/!5716215
[2] /Attentat-auf-Raketenspezialist/!5731972
[3] /Dubai-Anschlag-des-Mossad/!5147371
[4] https://www.haaretz.com/israel-news/.premium.HIGHLIGHT.MAGAZINE-unstable-bi…
[5] https://www.youtube.com/watch?v=q6WrrGAIdVk
[6] /Susanne-Knaul/!a154/
## AUTOREN
Hagai Dagan
## TAGS
Geheimdienst
Benjamin Netanjahu
Kolumne Fernsicht
Mossad
Olympia-Attentat in München
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Iran
Israel
Serie
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