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# taz.de -- BDSM als Empowerment: Submissiv kann feministisch sein
> Seine eigene Lust bewusst und einvernehmlich auszuleben, ist ein
> feministischer Move. Auch, wenn man als Frau die unterwürfige Rolle
> wählt.
Bild: Sowohl der dominante Part als auch der submissive Part haben Macht
In den raren Gesprächen, die ich mit Freundinnen über sexuelle Vorlieben
habe, zeigt sich oft eine Scham, die ausgerechnet aus feministischen
Überlegungen zu entspringen scheint. Und zwar vor allem, wenn es um
BDSM-Praktiken geht. Immer wieder kommt die Frage auf: Ist es
unfeministisch, wenn ich als Frau beim Sex gerne dominiert werde? Wenn ich
darauf stehe, mich spanken zu lassen, gefesselt zu werden, in
Dominanzspielen die submissive Rolle einzunehmen oder einfach beim Sex
passiv zu sein?
Meine Antwort darauf ist: Nein. Erst einmal vorweg: Ja, unsere
[1][sexuellen Vorlieben und Fantasien] sind – wie alles – auch von der
Gesellschaft geprägt, in der wir leben. Dass ich vor allem Heterofrauen
kenne, die auf Unterwerfung stehen, ist sicher ebenso wenig Zufall, wie
dass die Kunden von Dominas oft [2][mächtige ältere Männer] sind. In der
Gegenwart sind unsere Vorlieben aber erst einmal, wie sie sind. Das
feministischste, was wir tun können, ist, ihnen die Wertung zu nehmen und
sie uns bewusst zu eigen zu machen. Dazu ist erst einmal wichtig
anzuerkennen: Dominanz und Submission sind zwei Rollen, die für BDSM-Spiele
gleichermaßen wichtig sind. Jede:r sollte sich seine Rolle frei aussuchen,
sie wechseln oder beibehalten können, unabhängig vom Geschlecht.
Außerdem kann es hilfreich sein, unsere Lesart der verschiedenen Rollen zu
verändern. Ich bin der Meinung, dass sowohl in aktiven oder dominanten, als
auch in passiven oder submissiven Rollen eine große Macht liegt. Wer sich
beispielsweise fesseln lässt, ist die Person, die verwöhnt wird, deren
Wünsche erfüllt werden, die vielleicht genaue Anweisungen gibt, was sie
jetzt möchte und was nicht. Darin liegt ein großes Machtgefühl.
Gleichzeitig kann diese Person die Kontrolle abgeben, was sehr entlastend
und sexy sein kann. Gerade für Menschen, denen das Annehmen sonst schwerer
fällt als das Geben, kann diese Rolle dabei helfen zu entspannen –
schließlich kann man gerade nichts für die andere Person tun, man ist ja
gefesselt.
Wer fesselt, kümmert sich ganz um die andere Person. Gleichzeitig erzeugt
es ein Gefühl von Macht, jemand anderem Lust bereiten zu können und die
Kontrolle darüber zu haben, wann und wie viel. Auch in Disziplin-,
Erniedrigungs- und Bestrafungsszenarien geht es immer darum: Der dominante
Part tut, was er tut, weil der submissive Part es so will.
Was auch immer uns Lust bereitet – sich dessen bewusst zu werden und es uns
auf [3][einvernehmliche Weise zu gönnen], ist ein feministischer Move. Vor
allem für Menschen, deren Sexualität über Jahrhunderte hinweg
marginalisiert wurde, wie beispielsweise queere und kinky Menschen und
Frauen im Allgemeinen. Letzteren wurde lange abgesprochen, überhaupt eigene
Lust zu empfinden, oder sie wurde mit großer Scham belegt. Egal, ob wir
darauf stehen, uns auspeitschen oder anspucken zu lassen oder das mit
anderen zu tun – das einzig unfeministische daran wäre, uns unsere Lust
schon wieder zu verbieten.
23 Feb 2022
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## AUTOREN
Lou Zucker
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