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# taz.de -- Press Club in Kaschmir geschlossen: Verlust eines sicheren Ortes
> Kaschmirs Pressevereinigung wird geschlossen. Widerstand dagegen war
> bisher vergebens, die indische Regierung bleibt hart.
Bild: Kaschmirische Reporter diskutieren die Schließung des Press Club Ende Ja…
Das [1][Vorhängeschloss hält die dunkle Tür] des Kashmir Press Club (KPC)
im nordindischen Srinagar fest verschlossen. Mitte Januar gab die Regierung
bekannt, dass die größte Journalistenvereinigung im Tal seine Registrierung
verloren hat. „Einen weiteren Schlag gegen die Demokratie“, nennt Nazir
Masoodi, der lokale Büroleiter des unabhängigen TV Senders NDTV, die
jüngsten Ereignisse im indischen Teil Kaschmirs.
Dabei sollten Mitte Februar Wahlen im Kashmir Press Club stattfinden.
Während der Klub in der ersten Maiwoche 2021 eine erneute Registrierung
beantragte und der Registrar of Societies sie am 29. Dezember ausstellte,
wurde sie zwei Wochen später, am 14. Januar, unter Berufung auf einen
Bericht der Kriminalpolizei der Polizei von Jammu und Kaschmir
„ausgesetzt“, [2][schreibt die indische Zeitung Indian Express].
Am Tag nach der Wahlterminbekanntgabe übernahmen jedoch „regierungsnahe“
Journalisten in Begleitung von bewaffneten Beamten die Räumlichkeiten. Sie
wollten verhindern, dass unabhängige Journalist:innen das Gelände
betreten und erklärten, die Leitung übernommen zu haben, fasst es Masoodi
[3][in einem Blogbeitrag] zusammen. Er beklagt weiter, dass in der
Himalaja-Region „demokratische Prozesse ausgehebelt werden“, nicht nur im
Bereich der Pressefreiheit. „Kaschmir hat alle seine sozialen Räume
verloren“, so Masoodi.
Seit dem Ende der Kolonialzeit wird Kaschmir von Indien, Pakistan und China
beansprucht. 2019 hatte sich die Lage im indisch verwalteten Teil des
einstigen Fürstentums verschärft. Durch eine Verfassungsänderung wurden aus
dem teilautonomen Bundesstaat zwei zentral verwaltete Unionsterritorien. Im
Jahr darauf folgte die Pandemie, die die Region schwächte. Separatisten
(die teilweise von Pakistan unterstützt werden) bekamen Aufschwung.
Doch der Presseklub blieb ein „sicherer Ort, an dem wir uns mit unseren
Kollegen unterhalten und Gedanken austauschen konnten“, sagt die 26-jährige
Quratulain Rehbar gegenüber der taz. Sie arbeitet seit vier Jahren als
Reporterin für indische und internationale Medien wie The Wire oder Vice.
Der Klub war kaum ein paar Jahre alt, doch mit 300 Mitgliedern galt er als
wichtige Vereinigung unabhängiger Reporter:innen in der Region. Im
selben Jahr, indem der Bundesstaat Jammu und Kaschmir seine Teilautonomie
verlor, folgte die Anordnung, sich als Verein zu registrieren und
bürokratische Hürden kamen auf.
## Platz für Medien schwinde
Damals eskalierte die Situation in der Region. Nach der besagten
Verfassungsänderung im mehrheitlich muslimischen Kaschmir durch die
hindunationalistische Regierung in Delhi wurden Oppositionelle unter
Hausarrest gestellt, ein Versammlungsverbot verhängt und Internet- und
Telefonverbindungen unterbrochen. Für Rehbar war der Presseklub zu diesem
Zeitpunkt die einzige Möglichkeit zu erfahren, was in anderen Teilen der
Region vor sich ging.
Die Schließung des Klubs bedeute, dass der Platz für Medien schwinde, sagt
Rehbar. „Die meisten kaschmirischen Journalisten trafen sich hier nach
ihren Aufträgen und arbeiteten vor Ort“, sagt sie. Der nächste Presseklub
befindet sich im 260 Kilometer entfernten Jammu. So gut wie alle indischen
Großstädte haben mindestens einen Presseklub als Anlaufstelle für
Medienschaffende, die sich in der Nähe der politischen Zentren befinden.
Srinagar zog 2018 verspätet nach.
Ein anderer kaschmirischer Journalist, der aus persönlichen Gründen nicht
genannt werden möchte, sagt, die Regierung habe die einzige unabhängige
Institution geschlossen, die sich für das Wohlergehen von Medienschaffenden
in Kaschmir einsetze. Er weist darauf hin, dass Journalisten häufig auf
Polizeistationen vorgeladen werden, eingeschüchtert würden oder Verfahren
gegen sie nach dem Antiterrorgesetz UAPA oder aufgrund von sogenannten
anti-indischen Aktivitäten eingeleitet werden.
## Kritik an Regierung
Organisationen wie [4][Reporter ohne Grenzen kritisierten] in der
Vergangenheit die Anwendung des Antiterrorgesetzes [5][gegenüber
Medienschaffenden] und ebenso die Schließung des Presseklubs. Es sei
Ergebnis eines von der lokalen Regierung ausgeheckten Putsches und eine
Beleidigung für alle Journalist:innen, die versuchen, ihre Arbeit im
Kaschmirtal zu machen, das sich in ein „schwarzes Loch“ verwandelt habe.
„Indische Journalist:innen müssen ihre Arbeit frei ausüben können, dazu
gehören auch geschützte Räume“, [6][so ROG]. Auch Stimmen in Indien fordern
die Wiedereröffnung des Presseklubs.
Die Regierung verteidigte ihr Vorgehen dagegen. Der Klub habe es versäumt,
sich erneut zu registrieren und Wahlen für ein neues Führungsgremium
abzuhalten. [7][Laut Medienberichten] hatte die Regierung von Kaschmir eine
Neuregistrierung bereits Ende 2021 ausgestellt, sie jedoch kürzlich
[8][wieder zurückgezogen]. Das Gebäude des Presseklubs wurde mittlerweile
der staatlichen Grundstücksverwaltung übergeben, [9][das Namensschild
entfernt].
2 Feb 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/kamranyousuf_/status/1482626755504766981?ref_src=twsrc%…
[2] https://indianexpress.com/article/cities/srinagar/jammu-and-kashmir-governm…
[3] https://www.ndtv.com/blog/kashmir-press-club-erased-for-us-journalists-this…
[4] https://rsf.org/en/news/rsf-denounces-indian-government-coup-against-kashmi…
[5] https://rsf.org/en/news/india-kashmiri-photographer-unfairly-accused-glorif…
[6] https://mobile.twitter.com/ReporterOG/status/1483749208888913920
[7] https://kashmirobserver.net/2022/01/15/drama-unfolds-at-kashmir-press-club/
[8] https://www.outlookindia.com/national/govt-de-registers-kashmir-press-club-…
[9] https://twitter.com/rayan_naqash/status/1484165109895282688
## AUTOREN
Natalie Mayroth
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