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# taz.de -- Kopftuchstreit an Schulen in Indien: Protest im Klassenzimmer
> Der Streit um das Tragen von muslimischen Kopftbedeckungen im Unterricht
> ist in Indien eskaliert. Nun entscheidet ein Gericht.
Bild: Junge Frauen bei Protesten gegen das Kopftuchverbot bei Mumbai am 13. Feb…
Hyderabad taz | Muskan Khan, eine Burka tragende Oberschülerin mit
erhobener Faust, ist zu einem Symbol des Widerstands im indischen
Bundesstaat Karnataka geworden – inmitten von religiösen Spannungen, die
sich in Südindien auch an den Schulen zutragen. Eine Oberschule hatte im
südwestlichen Udupi Schülerinnen mit islamischer Kopfbedeckung den
Zugang zum Klassenzimmer verweigert. Diese hatten geklagt. Ein
Gerichtsprozess in der Angelegenheit begann am Montag und soll am Dienstag
fortgeführt werden.
Nachdem weitere Bildungsinstitutionen Verbote gegen die Kopfbedeckung im
Unterricht ausgesprochen hatten, kam es in den vergangenen Tagen zu Protest
und Auseinandersetzungen an mehreren Schulen. In einer Nachbarstadt trugen
die Dalit unter den Schüler:innen – die veraltet Unberührbaren [1][des
Kastensystems] – im Unterricht blaue Schals, um ihren muslimischen
Mitschülerinnen Solidarität zu zeigen. Befürworter:innen des
Verbots trugen Safran-farbene Schals um den Hals, die für den Hinduismus
stehen. Wegen des Streits waren vergangene Woche viele höhere Schulen in
Karnataka für drei Tage geschlossen.
Am 11. Februar erließ ein Gremium unter der Leitung des Obersten Richters
Ritu Raj Awasthi eine einstweilige Anordnung, die den Staat aufforderte,
die Bildungseinrichtungen wieder zu öffnen. Darin wurde den
Schüler:innen auch untersagt, religiöse Kleidung im Klassenzimmer zu
tragen, bis das Gericht die Angelegenheit entschieden habe. Damit solle
„Frieden und Ruhe“ bewahrt werden.
Betroffene hatten vor Gericht gegen das Verbot geklagt: Ihre Ausbildung sei
gefährdet, wenn sie mit Kopfbedeckung nicht in den Unterricht dürften. Das
Verbot beschneide ihr Recht auf freie Entscheidung. Bei der
Gerichtsverhandlung am Montag forderte der Anwalt der Mädchen,
Kopfbedeckungen in der Farbe der jeweiligen Schuluniformen zuzulassen. Eine
Entscheidung wird für Dienstag erwartet.
## „Ausgrenzung“ muslimischer Frauen
Die Nobelpreisträgerin und Frauenrechtsaktivistin Malala Yousafzai
unterstützt die Schüler:innen. Sie forderte die indische Regierung auf, die
„Ausgrenzung“ muslimischer Frauen zu beenden, und äußerte sich besorgt.
„Die Verweigerung, Mädchen mit Hijabs zur Schule gehen zu lassen, ist
entsetzlich“, twitterte sie. Die Objektivierung von Frauen halte an.
Auch die Opposition äußerte Kritik: „Die (hindunationalistische
Regierungspartei, Anm. d. R.) BJP ruiniert Indiens Wirtschaft, indem sie
die religiöse Harmonie verletzt“, sagte Chandrasekhar Rao von der
Lokalpartei TRS und Ministerpräsident des benachbarten südindischen
Bundesstaates Telangana. Die BJP würde Karnataka in ein [2][zweites
„Kaschmir verwandeln“], indem sie Gewalt zwischen sozialen und religiösen
Gruppen fördern würde. Unter der Regierung des Hindunationalisten Narendra
Modi gerät die [3][muslimische Minderheit] des Landes zunehmend unter
Druck.
Kritische Stimmen beklagen jedoch, dass das Tragen von Ganzkörperschleiern
zugenommen habe. Die Bedeckungen seien nie im Klassenzimmer, sondern nur
auf dem Schulgelände erlaubt gewesen.
Während am Montagmorgen die Oberschulen wieder ihre Türen öffneten, ging in
Karnataka der Protest still weiter – mit Ballons und Zetteln, die sich auf
die indische Verfassung berufen. Mancherorts wurde ein Versammlungsverbot
ausgesprochen.
14 Feb 2022
## LINKS
[1] /Gesellschaftsordnung-in-Indien/!5798293
[2] /Spannungen-im-Kaschmirtal/!5804081
[3] /Repression-gegen-Muslime-in-Indien/!5397325
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Indien
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Kopftuch
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Indien
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