# taz.de -- Stärkere Kontrolle von NGOs in Indien: Delhi dreht NGOs den Geldha… | |
> In Indien dürfen Organisationen nur mit einer Lizenz Hilfsgelder aus dem | |
> Ausland empfangen. Jetzt wurde viele Lizenzen nicht mehr verlängert. | |
Bild: Inderin bei einer Protestaktion von Greenpeace, Oxfam und Christian Aid 2… | |
MUMBAI taz | Für viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Indien hat | |
das neue Jahr schlecht begonnen. Denn knapp 6.000 von ihnen teilen jetzt | |
ein ähnliches Schicksal wie die [1][Missionarinnen der Nächstenliebe] der | |
verstorbenen Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa. Denen war letzte | |
Woche die FCRA genannte Lizenz zum Empfang ausländischer Gelder nicht | |
verlängert worden. | |
Jetzt traf es weitere regierungsunabhängige Bildungseinrichtungen, soziale | |
und kulturelle Zentren sowie medizinische Einrichtungen, denen [2][eine | |
neue FCRA-Lizenz verwehrt] wurde. Betroffen sind etwa die | |
Entwicklungsorganisation Oxfam India, die Stiftung der Universität Jamia | |
Millia Islamia, die Indian Medical Association sowie über 900 christliche, | |
mehr als 100 hinduistische und muslimische Organisationen. | |
Damit sank zum Jahreswechsel die Zahl der für die Annahme von | |
Auslandsspenden berechtigten NGOs landesweit von 22.762 auf 16.829. | |
Der Lizenzentzug wird die Arbeit der betroffenen Organisationen stark | |
beeinträchtigen, auch wenn [3][Oxfam] trotzig twitterte: „Die Verweigerung | |
des Innenministeriums, die FCRA-Registrierung zu verlängern, wird unser | |
Engagement für bedürftige Gemeinschaften nicht schmälern.“ Oxfam half etwa | |
während der Coronapandemie mit Sauerstoffanlagen und Beatmungsgeräten. | |
## Reaktionen: „Dummheit“ und „Angriff auf NGOs“ | |
„Der frühere Geschäftsführer von Greenpeace India, Aakar Patel, nennt den | |
Lizenzentzug eine [4][„Dummheit“]. Der Politiker der oppositionellen | |
Kongress-Partei und Ex-Finanzminister P. Chidambaram spricht von einem | |
direkten Angriff auf die NGOs, die sich um Indiens „Arme und Bedürftige“ | |
verdient machen. | |
Die Autorin Meena Kandasamy sieht einen „neoliberalem Albtraum“, wenn nur | |
noch Konzerne für den Sozialsektor spenden dürfen und kritische Arbeit | |
außen vor bleibt. | |
Die FCRA-Lizenzierung wurde 1976 von der Kongress-Regierung unter Indira | |
Gandhi eingeführt, um die finanzielle Unterstützung politischer Gegner aus | |
dem Ausland zu kontrollieren. NGOs gab es damals kaum. Das Argument, eine | |
versteckte „Hand des Auslands“ arbeite gegen Indien, hat eine lange | |
Tradition im politischen Diskurs des Landes. | |
Seit 2011 muss die Lizenz alle fünf Jahre neu beantragt werden, 2020 wurde | |
das Verfahren von der hindunationalistischen Regierung von Narendra Modi | |
noch weiter verschärft. | |
## Kompliziertes Verfahren überfordert viele Organisationen | |
Viele NGOs sind mit dem bürokratischen Verfahren zur Beantragung der Lizenz | |
überfordert. „Das ist so, als würde man in einem Kindergarten hohe Stühle | |
anbieten“, sagt Sanjay Agarwal, Autor eines FCRA-Handbuchs, zur taz. Nicht | |
alle Anordnungen oder Verweigerungen seien klar formuliert. | |
Er sieht aber auch Versäumnisse bei einigen NGOs, die keine Verlängerung | |
beantragt hatten. „Das Problem ist, dass viele dazu nicht in der Lage | |
waren“, sagt Agarwal, der seit 25 Jahren FCRA-Beratungen durchführt. | |
2 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Indien-entzieht-Devisenlizenz/!5821893 | |
[2] https://fcra2010.in/ngos-fcra-ceased-on-1-jan-2022/ | |
[3] https://twitter.com/OxfamIndia/status/1477525566005776385 | |
[4] https://twitter.com/aakar__patel/status/1477238898447118337?s=21 | |
## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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