| # taz.de -- Frankreichs linke Kandidatin: Christiane Taubira, die Provokante | |
| > Sie soll Frankreichs Linke vereinen, aber bislang spaltet sie auch. | |
| > Ex-Justizministerin Christiane Taubira hat Feinde im rechten und im | |
| > linken Lager. | |
| Bild: Hat die linke Urwahl gewonnen: Frankreichs Ex-Justizministerin Christiane… | |
| Paris taz | [1][Christiane Taubira] soll und will mit der Legitimität einer | |
| Vorwahl durch fast 400.000 Sympathisant*innen die zerstrittene Linke | |
| in Frankreich vereinen, doch vorerst wird sie als weiterer Faktor der | |
| Spaltung wahrgenommen. Das hat historische Gründe, denn schon [2][2002] | |
| kandidierte die engagierte Frau aus dem französischen Übersee-Département | |
| Guyana bei den Präsidentschaftswahlen für die kleine Partei Radical de | |
| gauche. Sie bekam damals immerhin 2,32 Prozent der Stimmen. | |
| Diese fehlten dann jedoch dem Sozialisten Lionel Jospin, um gegen Jacques | |
| Chirac in die Stichwahl zu kommen. Denn der Rechtsaußen Jean-Marie Le Pen | |
| hatte ein paar Tausend Stimmen mehr als Jospin bekommen. Seither wird | |
| Taubira innerhalb der Linken für diese historische Schmach verantwortlich | |
| gemacht. | |
| Auch sonst war sie immer wieder Zielscheibe von Attacken. Eine Abgeordnete | |
| des rechtsextremen Front National hat die kleine Frau aus dem fernen | |
| Überseegebiet am Rand des Amazonas auf Facebook sogar als Äffin karikiert | |
| und als „Wilde“ bezeichnet. Andere finden es schon ungehörig, dass eine | |
| Politikerin, die 1992 zusammen mit ihrem damaligen Mann die Bewegung | |
| Walwari für die Unabhängigkeit Guyanas gegründet hatte, nun das höchste Amt | |
| der französischen Republik anstrebt. | |
| Als Abgeordnete hatte sie ein Gesetz vorangetrieben, das seit 2001 | |
| [3][Sklaverei und Menschenhandel] als Verbrechen gegen die Menschlichkeit | |
| einstuft, bekannt als „loi Taubira“. | |
| ## Taubira hat viele Feinde, nicht nur im rechten Lager | |
| Am meisten verhasst aber ist sie bei den katholischen Fundamentalisten, | |
| weil sie als Justizministerin unter Präsident François Hollande ungeachtet | |
| aller Demonstrationen und verbalen Angriffe von rechts im Parlament die | |
| Vorlage zur Legalisierung der „[4][Ehe für alle]“ verteidigt hatte. | |
| Meistens stand sie politisch den Sozialisten nahe, doch 2016 trat sie aus | |
| Protest gegen Hollandes Notstandsgesetze (nach der Attentatswelle von 2015) | |
| als Ministerin zurück. | |
| Mit ihrem Engagement hat sich Taubira also viele Feinde gemacht, nicht nur | |
| im rechten Lager. Vielleicht ist sie gerade deshalb dazu geeignet, den | |
| Widerstand zu führen in einer Zeit, in der die identitäre Rechte sich durch | |
| Wahlumfragen beflügelt fühlt und die Linke zu resignieren beginnt. Das | |
| zumindest ist die Meinung der Teilnehmer*innen der Primaire populaire, | |
| die sie am Sonntag als Präsidentschaftskandidatin nominiert haben. | |
| Taubira kommt aus Cayenne, sie wird diesen Mittwoch 70 Jahre alt. Sie hat | |
| in Paris Soziologie, Ökonomie und afroamerikanische Ethnologie studiert und | |
| lehrte zunächst als Wirtschaftsprofessorin. Vor allem aber blickt sie auf | |
| lange politische Erfahrung in Guayana und in der französischen Hauptstadt | |
| zurück. | |
| Von ihren Auftritten als Ministerin und ihren Wahlkampagnen erinnert man | |
| sich an eine sehr schlagfertige Rednerin, die ihre Argumente mit | |
| literarischen Zitaten und poetischen Exkursen zu schmücken weiß. Heute soll | |
| sie die Rolle des kleinsten gemeinsamen Nenners einer gespaltenen | |
| französischen Linken übernehmen. | |
| 31 Jan 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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