| # taz.de -- Nato-Russland-Treffen: Reden, aber nicht verstehen | |
| > Bei Gesprächen zwischen Russland und den Nato-Staaten beharrt jede Seite | |
| > auf ihrem Recht. Die Ukraine hängt derweil weiter in der Luft. | |
| Bild: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, das Kriegsrisiko sei real | |
| Bei ihrem ersten Treffen seit mehr als zwei Jahren haben die Nato und | |
| Russland am Mittwoch in Brüssel keine Annäherung erzielt. | |
| Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte nach fast fünfstündigen | |
| Beratungen, es bestünden nach wie vor „erhebliche | |
| Meinungsverschiedenheiten“ mit Moskau im Ukraine-Konflikt und in der | |
| Sicherheitspolitik. | |
| Die Nato wirft Russland vor, die Ukraine mit einem massiven | |
| Truppenaufmarsch und „aggressiver Rhetorik“ zu bedrängen. Die Führung in | |
| Moskau weist das zurück. Sie fordert ein Ende der Nato-Osterweiterung und | |
| Sicherheitsgarantien, damit die Ukraine nicht zur Bedrohung für Russland | |
| wird. Vor der Nato hatten bereits die USA direkt mit Russland diskutiert – | |
| ebenfalls ohne Ergebnis. | |
| Stoltenberg sagte, die Alliierten seien zu Gesprächen über Abrüstung und | |
| vertrauensbildende Maßnahmen bereit. Die russischen Forderungen wies er | |
| jedoch scharf zurück. „Wir machen keine Kompromisse bei unseren | |
| Grundprinzipien“, sagte der Norweger. So habe Russland „kein Vetorecht in | |
| der Frage, ob die Ukraine Nato-Mitglied werden kann“. Die Tür für die | |
| Ukraine bleibe offen. | |
| Die Nato hatte dem Land bereits bei ihrem [1][Gipfel in Bukarest 2008] eine | |
| Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. Deutschland und Frankreich lehnten | |
| damals aber einen sofortigen Beitritt ab. Seitdem hängt die Ukraine in der | |
| Luft. Im Falle einer russischen Invasion würde die Nato nicht militärisch | |
| zu Hilfe kommen, stellte Stoltenberg klar, denn das Land sei ja kein | |
| Mitglied. | |
| ## Europäer einig bei Sanktionen | |
| Zugleich drohte er Russland für den Fall des Angriffs mit massiven | |
| wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen. Allerdings kann die Nato gar | |
| keine Strafmaßnahmen verhängen. Die Hauptlast würden dann die EU und | |
| Deutschland tragen. [2][Beim EU-Gipfel im Dezember] haben sich die Europäer | |
| bereits zu Sanktionen etwa im Finanzsektor oder bei der Ostseepipeline | |
| Nord Stream 2 bereit erklärt. | |
| Stoltenberg sagte, das Kriegsrisiko sei real. Gerade deshalb sei es aber | |
| wichtig, miteinander zu sprechen. Das Treffen sei „sehr nützlich“ gewesen, | |
| auch wenn es keine konkreten Ergebnisse gegeben habe. Alle 30 Alliierten | |
| seien für eine Fortsetzung des Dialogs. | |
| Allerdings sei unklar, ob Moskau zu einem weiteren Nato-Russland-Rat bereit | |
| sei. „Sie waren nicht in der Lage zuzustimmen.“ Umgekehrt war die Nato | |
| offenbar nicht bereit, auf die Forderungen Moskaus einzugehen. Russland | |
| habe seine Vorschläge auf den Tisch gelegt, so Stoltenberg. Aus Sicht der | |
| Alliierten gebe es aber keinen Grund, über die Ukraine oder die | |
| Nato-Erweiterung zu reden. Nicht die Ukraine bedrohe Russland, vielmehr sei | |
| es umgekehrt. | |
| Zuletzt hatten sich jedoch gefährliche Begegnungen zwischen Nato-Einheiten | |
| und russischen Militärs gehäuft – nicht nur in der Ukraine, auch am | |
| Schwarzen Meer und im Baltikum. Russland sieht sich bedrängt und | |
| eingekreist – und fordert auch deshalb eine neue Sicherheitsordnung für die | |
| Ukraine und Europa. | |
| ## Deutschland im Balanceakt | |
| Die USA weisen dies jedoch als Versuch zurück, die alten Einflusszonen der | |
| Sowjetunion wiederherzustellen. Die EU, die von dem Konflikt in ihrer | |
| Nachbarschaft unmittelbar betroffen ist, schweigt. Die EU-Kommission war am | |
| Mittwoch auf einer internen Klausurtagung und gab keinen Kommentar ab. | |
| Der russische Truppenaufmarsch sei eine „ernste Bedrohung der Sicherheit in | |
| Europa“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin und lobte zugleich, dass | |
| nun wieder Gesprächskanäle mit Russland genutzt würden. Die Bundesregierung | |
| wolle auch Gespräche im sogenannten [3][Normandie-Format] (Deutschland, | |
| Frankreich, Ukraine, Russland) reaktivieren. | |
| 12 Jan 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Nato-Gipfel-in-Bukarest/!5184207 | |
| [2] http://EU%20droht%20Russland%20mit%20Sanktione | |
| [3] /Normandie-Gipfeltreffen-zur-Ukraine/!5644357 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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