# taz.de -- Ermittlungen in Dänemark: U-Haft für Ex-Geheimdienstchef | |
> Dem früheren Chef des Militärgeheimdienstes wird Landesverrat | |
> vorgeworfen. Medien hatten zuvor mehrere Geheimdienstskandale aufgedeckt. | |
Bild: Lars Findsen bei einer Pressekonferenz im Dezember 2017 | |
STOCKHOLM taz | Die Bombe platzte am Montag im Gerichtssaal 39 des | |
Amtsgerichts in Kopenhagen. Bei einem Haftprüfungstermin wurde öffentlich, | |
dass ein dänischer Geheimdienstchef unter dem Vorwurf des Landesverrats in | |
Untersuchungshaft sitzt: Lars Findsen, der in den letzten 20 Jahren in | |
verschiedenen Chefpositionen für den Inlands- und Auslandsgeheimdienst und | |
für die Gegenspionage zuständig war. Zuletzt war er seit 2015 Chef des | |
militärischen Nachrichtendiensts FE. | |
Was dem 57-Jährigen genau vorgeworfen wird, ist geheim. Ermittelt wird | |
wegen „Offenlegung von Staatsgeheimnissen“, es droht eine maximale | |
Haftstrafe von 12 Jahren. Laut Informationen des öffentlich-rechtlichen | |
Dansk Radio hatte der nationale Sicherheitsdienst PET, den Findsen | |
zwischen 2002 und 2007 geleitet hatte, seinem Ex-Chef seit Monaten | |
nachspioniert und seine Telefon- und Internetkommunikation überwacht. | |
Die Tageszeitung Politiken meldet, dass es um den Vorwurf des | |
Whistleblowing geht. Es gibt Vermutungen in drei Richtungen, bei denen | |
Medien Geheimdienstskandale aufdecken konnten. So war im [1][Mai 2021 | |
bekannt geworden], dass FE beim Anzapfen und Überwachen des internationalen | |
Tele- und Internetverkehrs an dänischen Knotenpunkten mit dem | |
US-Geheimdienst NSA zusammenarbeitete. Dabei wurden auch eigene BürgerInnen | |
und PolitikerInnen befreundeter Länder wie die ehemalige Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel abgehört wurden. Nach dänischem Recht war das verboten. | |
## Doppelspiel der Regierung | |
2020 enthüllte zudem [2][Berlingske Tidende], dass ein in Spanien wegen | |
Zugehörigkeit zur Terrororganisation IS zu 8 Jahren Haft verurteilter Däne | |
in Wirklichkeit ein von PET und FE angeworbener Agent war. Er war deshalb | |
also unschuldig inhaftiert, ohne dass die dänischen Geheimdienste Spaniens | |
Justiz informiert hätten. | |
Und im letzten Jahr deckte die Tageszeitung Ekstra Bladet ein Doppelspiel | |
der Regierung von Mette Frederiksen über die Rückführung dänischer | |
„IS-Frauen“ und deren Kinder aus syrischen Flüchtlingslagern auf, die | |
klarmachten, dass Frederiksen die Öffentlichkeit bewusst falsch informiert | |
hatte. Nach der Veröffentlichung war Frederiksen gezwungen, ihre Politik zu | |
ändern. | |
Wenn die dänischen Sicherheitsdienste nicht „sowieso schon in Ruinen | |
liegen“ würden, dann sicher nach dem Ende des Verfahrens gegen Findsen, | |
kommentiert Politiken: Entweder, weil man den eigenen Geheimdienstchef zu | |
Unrecht beschuldige oder weil man einen Spionagechef gehabt habe, der | |
tatsächlich Landesverrat beging. | |
11 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Geheimdienstskandal-in-Daenemark/!5775739 | |
[2] https://www.berlingske.dk/samfund/fejlagtigt-doemt-som-islamisk-stat-terror… | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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