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# taz.de -- Zukunft des Weltwirtschaftsforums Davos: Kongressveranstalter ohne …
> Wegen Corona treffen sich Konzern- und Regierungschefs wieder nicht beim
> Weltwirtschaftsforum. Nun fragen manche: Wer braucht Davos noch?
Bild: Blick auf das winterliche Davos, ohne Gipfelteilnehmerinnen
Berlin taz | Der Schweizer Skiort Davos bleibt auch dieses Jahr von der
Globalisierung verschont. Jedenfalls von dem zusätzlichen Andrang aus allen
Teilen der Welt, der normalerweise im Januar über das Städtchen im Kanton
Graubünden hereinbricht. Die Hotellerie findet das schlecht, aber wegen der
Corona-Variante Omikron blieb den Veranstaltern des Weltwirtschaftsforums
(WEF) aber wohl keine Wahl, als den [1][riesigen Kongress nach 2021 zum
zweiten Mal abzusagen]. Es gibt aktuell nur einen [2][kleinen
Online-Ableger], der längst nicht die Größe der einstigen Treffen erreicht.
Offiziell wurde das Forum auf Sommer verschoben. Steckt das WEF nun in
Schwierigkeiten? Manche fragen sogar: Hat es sich in Post-Corona-Zeiten
möglicherweise überlebt?
Ein Kongressveranstalter ohne Kongress hat ein Problem. Gerade in diesem
Fall: Normalerweise begrüßt WEF-Chef Klaus Schwab 50 Staats- und
Regierungschefs persönlich, wenn er nach Davos einlädt, dazu Dutzende
Vorstände der größten Konzerne weltweit. Tausende Journalistinnen und
Reporter berichten.
Davos präsentiert sich eine Woche lang als Gipfel der
politisch-ökonomischen Weltelite. Wenn der Kongress vielleicht in diesem
Frühjahr – oder doch erst im Januar 2023 – stattfindet, werden
wahrscheinlich wieder viele Leute kommen. Wie zahlreich, wird sich zeigen.
Auch betriebswirtschaftlich bedeutet die Absage einen herben Verlust. 2021
sank der Umsatz des WEF im Vergleich zum Vorjahr um etwa 14 Prozent auf
rund 315 Millionen Schweizer Franken (300 Millionen Euro). Verantwortlich
dafür waren vor allem die ausgebliebenen regelmäßigen Teilnahmegebühren und
geringeren Mitgliedsbeiträge der Unternehmen, die das Forum tragen.
## WEF angeblich nicht existentiell gefährdet
Das WEF hat etwa 1.000 Mitgliedskonzerne, viele davon mit einem Umsatz im
Milliarden-Dollar-Bereich. Trotzdem verfügt das WEF laut eigenem
Finanzbericht über Reserven von mindestens 200 Millionen Franken. Durch die
Absage des Forums ist es angeblich vorerst nicht existentiell gefährdet.
Schwierig für das WEF gestaltet sich die Weltlage. Die 1971 als
gemeinnützige Stiftung gegründete Organisation wurde groß im Zuge der
Globalisierung. Sie befürwortet wachsenden Welthandel und setzt sich im
Prinzip für offene Märkte ein. Beides funktioniert jetzt jedoch schlechter
als früher.
Der Welthandel lahmt, die großen Machtblöcke China, USA, Russland und
Europa entfernen sich voneinander. Ob die Freunde der Globalisierung von
der Tendenz zur Deglobalisierung profitieren, bleibt abzuwarten. Allerdings
lässt sich das Argument auch herumdrehen: Gerade politische und ökonomische
Probleme können zusätzlichen Gesprächsbedarf generieren, für den Davos eine
Plattform bieten mag.
Ähnliches gilt für die Kritik, die das Weltwirtschaftsforum auf sich zieht.
Inspiriert von Schwabs Buch „The Great Reset“ (Der große Neustart)
behaupten rechte Globalisierungskritiker, die im WEF zusammengeschlossenen
Konzerne verfolgten einen Masterplan zur Umgestaltung der Welt. Schwächt
dieser Angriff die Organisation?
## Davos profitierte von Globalisierungskritikern
Unklar. Von der Auseinandersetzung mit der linken globalisierungskritischen
Bewegung in den 2000er Jahren hat Davos profitiert. Der Kongress wurde
größer, vielgestaltiger, kontroverser, das WEF insgesamt einflussreicher.
[3][Rechte und linke Kritikerinnen und Kritiker widersprechen sich zwar in
vielen Punkten], in gewissen Teilen ihrer Analysen liegen sie jedoch nah
beieinander.
Lange war der Einfluss der Veranstaltung gewachsen. Mittlerweile ist das
WEF nicht mehr in erster Linie ein Kongressveranstalter, sondern eine
Lobbyorganisation, die die Interessen der weltgrößten Unternehmen an die
Politik heranträgt. Ein Beispiel für solche Aktivitäten, die kaum vom Radar
der Öffentlichkeit erfasst werden, ist die 2019 abgeschlossene
Partnerschaftsvereinbarung zwischen den Vereinten Nationen und dem
Weltwirtschaftsforum.
Dabei geht es vor allem um die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele. Man
kann den Text allerdings auch so lesen: „Die Weltbehörde gewährt den durchs
WEF vertretenen Konzernen direkten Zugang zu vielen relevanten Gremien und
Programmen“, sagt Oliver Classen von der linken, globalisierungskritischen
Organisation Public Eye in Zürich.
Im vergangenen Jahr kooperierten die Vereinten Nationen und das WEF im
Umkreis des UN-Gipfels für Ernährungssysteme (UNFSS). Positiv betrachtet
machten sich die Agrarkonzerne dabei Gedanken, wie zehn Milliarden Menschen
zu ernähren seien. Negativ betrachtet bewarb die Industrie ihre
großtechnischen Produkte, ohne auf die Interessen der Entwicklungsländer
und der dortigen Kleinbauern Rücksicht zu nehmen.
Türen öffnen kann das WEF für seine Mitgliedsfirmen auch ohne den Kongress
– wenngleich sich die öffentlichen und nicht-öffentlichen Aktivitäten im
besseren Fall gegenseitig befruchten. Vom Weltwirtschaftsforum wird man
noch einiges hören. Oder eben auch nicht.
18 Jan 2022
## LINKS
[1] https://www.weforum.org/press/2021/12/world-economic-forum-s-annual-meeting…
[2] https://www.weforum.org/events/the-davos-agenda-2022
[3] /Ende-des-Weltwirtschaftsforums/!5659228
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Davos
Globalisierung
Welthandel
Davos
Schwerpunkt Klimawandel
US-Wahl 2024
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