| # taz.de -- Nachruf auf Herbert Achternbusch: Das bayerische Gespenst | |
| > Zu seiner bayerischen Heimat pflegte Herbert Achternbusch zeitlebens eine | |
| > Hassliebe. Nun ist der Filmemacher und Grantler gestorben. | |
| Bild: Bekannt für seine skurrilen Filme: Herbert Achternbusch in „Ab nach Ti… | |
| München dpa/taz | „In Bayern mag ich nicht mal gestorben sein“, schrieb | |
| Herbert Achternbusch 1977 in einem seiner Bücher. Mit dem Freistaat verband | |
| den Filmemacher, Schriftsteller, Maler und Schauspieler zeitlebens eine | |
| Hassliebe. Und doch gibt es gerade auch viele Bayern, die froh sind, dass, | |
| wenn man an Bayern denkt, eben auch an Achternbusch denkt. Und jetzt ist er | |
| halt doch im Alter von 83 Jahren in Bayern gestorben. | |
| Achternbusch kam als unehelicher Sohn einer Sportlehrerin und eines | |
| Zahntechnikers in München zur Welt und wuchs im Bayerischen Wald auf. Nach | |
| dem Abitur in Cham studierte er an den Kunstakademien in München und | |
| Nürnberg und schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch, bevor er mit dem | |
| Schreiben begann. | |
| Schon mit seinem ersten Roman „Alexanderschlacht“ sicherte er sich einen | |
| festen Platz in der Literatur-Avantgarde der siebziger und achtziger Jahre. | |
| Mit seinen in rascher Folge entstandenen Theaterstücken errang er zweimal | |
| den Mülheimer Dramatikerpreis. Sein Zwei-Personen-Stück „Gust“ (1986) | |
| [1][mit Sepp Bierbichler] als aus der Zeit gefallenem Bauern, der im | |
| Begriff ist, seine Frau zu verlieren, lief jahrelang erfolgreich an den | |
| Münchner Kammerspielen. 2017 wurde am Münchner Volkstheater „Dogtown | |
| Munich“ uraufgeführt, abermals ein Bekenntnis zu seiner Heimatstadt und | |
| vielleicht so etwas wie ein Vermächtnis. | |
| Doch bekannt ist er vor allem für seine skurrilen Filme wie „Andechser | |
| Gefühl“, „Servus Bayern“ oder „Das Gespenst“. Schon in den 70er Jahr… | |
| Achternbusch in Kontakt zur Szene der deutschen Autorenfilmer um Werner | |
| Herzog, Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta. Seine oft mit | |
| geringem Aufwand gedrehten Filme nahmen regelmäßig die so | |
| unangepasst-subversive wie obrigkeitshörige und bigotte bayerische | |
| Volksseele aufs Korn. In „Der Depp“ (1983) ließ er seinen Lieblingsfeind | |
| Franz Josef Strauß vergiften, im halbdokumentarischen „Bierkampf“ rechnet | |
| er mit einem bayerischen Heiligtum ab: dem Oktoberfest. | |
| ## „Du hast keine Chance, aber nutze sie“ | |
| Als er in „Das Gespenst“ Jesus Christus vom Kreuz herabsteigen lässt, um | |
| mit Maria eine Kneipe zu eröffnen, war für den damaligen CSU-Innenminister | |
| Friedrich Zimmermann das Maß voll. Er verweigerte dem unbotmäßigen | |
| Regisseur die Auszahlung der letzten Förderrate, weil dieser das „religiöse | |
| Empfinden großer Teile der Bevölkerung“ verletzt habe. Längere Zeit bekam | |
| Achternbusch daraufhin im Fernsehen kein Bein mehr auf den Boden. | |
| Doch die Zeiten [2][haben sich geändert.] Zu seinem 80. Geburtstag hatte | |
| ihm das Münchner Filmmuseum eine Hommage mit acht seiner Spielfilme sowie | |
| einem Filmporträt gewidmet. Und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) | |
| würdigte Achternbusch nach seinem Tod als bayerischen „Heimatkünstler im | |
| allerbesten Sinne“. Nicht nur seine Filme und Theaterstücke, Bücher und | |
| Bilder würden bleiben, „sondern auch seine Sponti-Sprüche, von denen manche | |
| fest in den deutschen Sprachschatz übergangen sind: „Du hast keine Chance, | |
| aber nutze sie.““ | |
| Das war so etwas wie sein Lebensmotto. Einer seiner lustigsten Filme heißt | |
| „Die Atlantikschwimmer“ und zeigt zwei ziemlich normal gebaute Männer, nur | |
| mit Badehose und lächerlichen Schwimmbrillen bekleidet, wie sie in den | |
| oberbayerischen Walchensee hüpfen, um von dort aus Amerika zu erreichen. | |
| 14 Jan 2022 | |
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