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# taz.de -- Nikolaus mit Rute und Mathias Döpfner: Das jährliche Weihnachtsge…
> In den Medien gibt es gerade wieder richtig viel Gold, Weihrauch und
> Myrrhe für die pandemiemüde Volksseele. Warum eigentlich?
Bild: Vor dem Kanzleramt: Höchste Ehren für die Colorado-Tanne aus Thüringen
Der Tannenbaum aller Tannenbäume [1][kommt dieses Jahr aus Thüringen]. Der
Waldbesitzerverband Thüringen hat ihn am Mittwoch ganz offiziell der
Kanzlerin Angela Merkel übergeben. Natürlich steht das Ding nicht in
Merkels Wohnzimmer. Das wäre vielleicht ein Grund, darüber zu berichten,
wegen Bestechlichkeit und so. Die Tanne steht wie jedes Jahr in Berlin vorm
Kanzleramt. Neuigkeitswert gleich null. Wenn wir mal davon absehen, dass es
sich dieses Jahr um eine Colorado-Tanne handelt.
Warum aber verlieren sich viele Medien jedes Jahr und gefühlt seit der
Pandemie besonders im Weihnachtsgeschwurbel? Ist das Gold, Weihrauch und
Myrrhe für die pandemiemüde Volksseele? Auf dass wir uns angesichts des
fröhlichen Totalschadens der Coronapolitik ein bisschen in Wohlfühlwatte
wiegen? Oder übernehmen wir einfach auch hier bloß jeden Bohei aus den USA,
wo ja um die [2][Tanne vor dem Rockefeller-Center] auch immer ein mediales
Großgewese gemacht wird?
Vielleicht ist es aber auch ganz anders. Und es geht wirklich darum, die
Idee von Weihnachten und positiver Beständigkeit zu vermitteln. Gerade weil
es nicht so dolle läuft. Selbst die Thüringer Waldbesitzer*innen
machen dann doppelt tiefen Sinn. Denn eine der größten
Waldbesitzer*innen ist hierzulande immer noch die Kirche. Und die
predigt ja vor allem zu Weihnachten Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung
der Schöpfung.
Um Friede, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung bemühte sich an diesem
Mittwoch auch der BDZV. Deutschlands Verlage und Digitalpublisher haben ein
Problem. Und das heißt Mathias Döpfner. Der Springer-Chef ist nebenbei auch
BDZV-Präsident. Und hat mit seiner länglichen Unterstützung [3][für den
geschassten Bild-Chefredakteur Julian Reichelt] und dessen Weltbild seine
Zunft gegen sich aufgebracht.
In einer privaten SMS hatte Döpfner geschrieben, Reichelt sei der einzige
Journalist, der noch gegen den „neuen DDR-Obrigkeitsstaat“ aufbegehre. Fast
alle anderen Medien seien zu „Propaganda-Assistenten“ verkommen. Was sich
schwer nach zu viel Weihrauch unterm Tannenbaum anhörte, war natürlich
ironisch gemeint. Sagt Döpfner.
„Leugnen gilt nicht“, meint die Mitbewohnerin. „Alle konnten sehen, wie
seine Hände in die diverse und gut gefüllte Plätzchendose griffen, um die
DDR-Kekse zu vernaschen.“
Außerdem funktioniert Ironie in den Medien nicht so super. Schon gar nicht
zur bevorstehenden Weihnachtszeit. Nun wackelt Döpfner wie eine olle
Christbaumspitze. Aber weil Weihnachten ist, kommt zwar vorher vielleicht
der Nikolaus ein bisschen mit Rute aus dem Thüringer Wald. Aber dann auch
bestimmt die ganz große Versöhnung unter der Colorado-Tanne.
25 Nov 2021
## LINKS
[1] https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/ost-thueringen/saalfeld-rudolstad…
[2] https://edition.cnn.com/2021/11/13/us/rockefeller-center-christmas-tree-trn…
[3] /Nach-Rauswurf-von-Bild-Chef-Reichelt/!5807207
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
Kolumne Flimmern und Rauschen
Schwerpunkt Coronavirus
Mathias Döpfner
Weihnachten
Kolumne Flimmern und Rauschen
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Axel Springer
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