# taz.de -- Geflüchtete in Ägypten: Illegal nach Eritrea abgeschoben | |
> Erneut hat Ägypten am Donnerstag offenbar Geflüchtete per Zwang nach | |
> Eritrea ausgeflogen. Die Praxis verstößt gegen internationales Recht. | |
Bild: Eritreas Präsident Isaias Afwerki und Ägyptens Präsident Abdel-Fattah … | |
KAIRO/TUNIS taz | Ägypten verschärft seine Abschiebepolitik gegenüber | |
Geflüchteten. Erstmals seit 13 Jahren schiebt das Land offenbar wieder | |
Menschen direkt in die Militärdiktatur Eritrea ab. Am Mittwoch wurden | |
sieben Personen vom Küstenort Quseir nahe der Touristenhochburg Hurghada in | |
ein Krankenhaus in Safaga gebracht und einem PCR-Test unterzogen. Am | |
Donnerstag wurden sie nach Kairo transferiert und sollten noch am Abend per | |
Direktflug nach Asmara abgeschoben werden. Die Gruppe war am Samstag in | |
einen Hungerstreik getreten, um die Abschiebung zu verhindern. | |
Schon am 31. Oktober hatte die Regierung erstmals acht Eritreer*innen in | |
einem Flug der ägyptischen Fluglinie EgyptAir nach Asmara ausfliegen | |
lassen. Seit ihrer Ankunft in Eritreas Hauptstadt gelten die acht Menschen | |
– darunter mindestens vier Minderjährige – als verschwunden. | |
In den letzten Jahren waren in Ägypten internierte Eritreer*innen oft | |
nach Äthiopien abgeschoben worden, nicht aber nach Eritrea. Die letzte | |
öffentlich gewordene Massenabschiebung nach Eritrea fand 2008 statt. Kurz | |
nach dem damaligen Kairo-Besuch des eritreischen Diktators Isayas Afewerki | |
sollen bis zu 1.200 Menschen in das Land am Horn von Afrika abgeschoben | |
worden sein. | |
Das Regime in Eritrea gilt als eines der brutalsten des gesamten | |
Kontinents. Seit den 1990er Jahren fliehen Menschen unaufhörlich aus dem | |
kleinen Land und entziehen sich damit dem Militärdienst, der von Frauen und | |
Männern oft unbefristet eingefordert wird. Zwangsarbeit, Vergewaltigung und | |
Folter gehören in Eritreas Armee zum Alltag. | |
## EU will „Partnerschaft“ mit Kairo ausbauen | |
Die acht im Oktober Abgeschobenen gehören zu einer Gruppe von 18 Menschen | |
im Alter zwischen zwei und 70 Jahren, die seit Oktober 2019 in einer | |
Polizeistation in Quseir inhaftiert waren. Schon im August hatte die | |
eritreische Botschaft in Kairo vorläufige Reisedokumente für die 18 | |
Menschen ausgestellt. Eine Ausweisung nach Asmara stehe unmittelbar bevor, | |
wurde ihnen damals mitgeteilt. | |
Versuche mehrerer Menschenrechtsgruppen, Ägypten von einer Aussetzung des | |
Abschiebebefehls zu überzeugen und der Gruppe Zugang zum | |
UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zu gewähren, schlugen fehl. Im September war | |
die Abschiebung von zwei seit 2012 und 2013 in Kairo inhaftierten Eritreern | |
in letzter Minute verschoben worden. Die beiden von der Haft gezeichneten | |
Männer sitzen daher weiterhin im Qanater-Gefängnis im Norden Kairos. | |
Der Fall der im Oktober Abgeschobenen wirft derweil ein Schlaglicht auf | |
Ägyptens rigorose Haft- und Abschiebepolitik gegenüber Geflüchteten, ist | |
die gegen internationales Flüchtlings- und Menschenrecht verstoßende | |
Inhaftierung und Abschiebung der 18 Eritreer*innen doch kein Einzelfall. | |
Ägyptische Behörden lassen Geflüchtete teils jahrelang internieren und | |
verweigern ihnen systematisch den Zugang zum UNHCR – der einzigen | |
Institution im Land, um Asyl zu beantragen. | |
Die Haftbedingungen sind dabei katastrophal. Meist sitzen sie in maßlos | |
überfüllten Zellen ein, ohne ausreichende Versorgung mit Nahrung oder | |
Medikamenten. Auch haben sie oft keinen Zugang zu grundlegendem | |
Rechtsbeistand. Wie viele Geflüchtete aus Eritrea und anderen Staaten in | |
Ägypten inhaftiert sind oder abgeschoben werden, ist unklar. | |
Die EU und ihre Mitgliedstaaten kooperieren dennoch immer umfassender mit | |
dem [1][Militärregime von Staatspräsident Abdel Fattah al-Sisi] in Sachen | |
Grenzauslagerung nach Nordafrika. Während Deutschland seit 2014 die | |
ägyptische Grenzpolizei ausbildet, kündigte die EU-Innenkommissarin Ylva | |
Johansson erst am Dienstag im Rahmen ihres Kairo-Besuchs an, die | |
„Partnerschaft“ mit Kairo in diesem Bereich weiter intensivieren zu wollen. | |
20 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sofian Philip Naceur | |
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