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# taz.de -- Ausschreitungen bei Protesten: Generalstreik legt Guadeloupe lahm
> In Frankreichs Überseegebieten Guadeloupe und Martinique mischen sich
> soziale Forderungen mit Protest gegen Covidmaßnahmen. Es kam zu Gewalt.
Bild: Die Krankenschwetser Marylis Colzin protestiert gegen die Impfpflicht in …
Paris taz | Auf den beiden französischen Antilleninseln Guadeloupe und
Martinique gipfeln soziale Forderungen der Gewerkschaften mit [1][Protesten
gegen Impfzwang für das Pflegepersonal] und Coronamaßnahmen in Protest und
Ausschreitungen. Auf Martinique haben 17 Gewerkschaften und Berufsverbände
ab Montag einen unbefristeten Generalstreik ausgerufen, was am Samstag
sogleich Hamsterkäufe zur Folge hatte. Vor den Tankstellen bildeten sich
Warteschlagen.
Besonders explosiv ist die Lage seit mehreren Tagen auf Guadeloupe, wo der
Gewerkschaftsbund LKP zu einem unbefristeten Generalstreik aufgerufen
hatte. Nach wochenlangen Protesten gegen die überall in Frankreich
verhängte Impfpflicht für das Pflegepersonal eskalierte der Generalstreik
am Wochenende in gewaltsamen Zusammenstößen. An zahlreichen strategischen
Punkten wurden Barrikaden errichtet, in den Städten wurden Autos verbrannt.
In Pointe-à-Pitre, der größten Stadt, wurden mehrere Häuser durch
Brandstiftung zerstört, Polizei, Ambulanzen und Feuerwehrleute wurden mit
Steinen beworfen, in einigen Fällen fielen laut offizieller Darstellung
sogar Schüsse. Nach Angaben der Behörden wurden 80 Geschäfte angegriffen
und geplündert.
30 Personen wurden am Wochenende festgenommen. Am Freitag verhängten die
Behörden außerdem ein Ausgehverbot von 18 Uhr abends bis 5 Uhr vormittags
über die ganze Insel. Am Samstag ist auf Guadeloupe eine Verstärkung von
200 Beamten aus Eliteeinheiten der Polizei und Gendarmerie vom
französischen Festland eingetroffen.
Die Erinnerung an den Generalstreik von 2009 für soziale Gerechtigkeit und
höhere Kaufkraft ist noch lebendig: Damals legte die LKP mit dem Protest
gegen die „Pwofitasyon“ (auf Kreolisch „Ausbeutung“) die Insel 44 Tage …
lahm. Die obligatorische Impfung für das Pflegepersonal hat nun Feuer an
das Pulverfass der weiterhin bestehenden Wut über die soziale Ungleichheit
gelegt.
## Großes Misstrauen gegen Gesundheitspolitik
Die Lebenskosten in Frankreichs Überseegebieten sind vergleichsweise höher,
die Einkommen eher niedriger. „Wir stehen vor dieser Situation, weil zur
Krise wegen der Pandemie und der Angst vor der Impfung soziale
Unzufriedenheit hinzukommt“, erklärte der grüne Bürgermeister von
Pointe-à-Pitre, Harry Durimel, dem Sender France-24. „Die Wiederherstellung
des öffentlichen Friedens reicht nicht, es braucht einen Dialog.“
[2][LKP-Sprecher Elie Domota] hat als Vorbedingung für ein Ende der
Protestaktionen sofortige Verhandlungen mit dem Vertreter der Pariser
Regierung auf Guadeloupe über die gewerkschaftlichen Forderungen verlangt.
Zudem ist das Misstrauen gegen die staatliche Gesundheitspolitik auf
Guadeloupe und Martinique besonders groß. Sie erklärt sich auch mit der
Erinnerung an den Skandal mit dem Insektizid Chlordecon, das trotz
bekannter Krebsrisiken von 1972 bis 1993 in den Bananenplantagen massiv
eingesetzt worden war.
Auf Guadeloupe haben bisher nur 47 Prozent der Erwachsenen (im
kontinentalen Frankreich mehr als 76 Prozent) mindestens eine Impfdosis
gegen Covid-19 erhalten. Eine Minderheit der Mitglieder des Personals in
den Krankenhäusern und privaten Einrichtungen des Gesundheitswesens weigert
sich trotz Impfpflicht kategorisch.
In Paris wollte sich Premier Jean Castex am Montagabend mit den zuständigen
Ministern und Delegationen aus Guadeloupe und Martinique über die Krise in
der Karibik beraten. Präsident Emmanuel Macron sagte am Montag, die Nation
sei angesichts einer „explosiven Situation“ zwar mit den Landsleuten auf
den Antillen „solidarisch“, doch die Staatsführung werde „der Lüge und
Manipulation nicht nachgeben“. Damit war wohl die Ablehnung der
Gesundheitspolitik gemeint.
22 Nov 2021
## LINKS
[1] /Coronaproteste-in-Frankreich/!5792085
[2] /Portraet-Elie-Domota/!5166758
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Covid-19
Schwerpunkt Frankreich
Karibik
Impfung
Schwerpunkt Frankreich
Krise der Demokratie
Niederlande
Schwerpunkt Emmanuel Macron
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