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# taz.de -- Corona-Hilfen verstärken Ungleichheit: Frauen im Nachteil
> Die milliardenschweren Coronahilfspakete gehen meist an Frauen vorbei,
> hat eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung herausgefunden.
Bild: Frauen haben in der Corona-Pandemie oft noch mehr Care-Arbeit zu schultern
BERLIN taz | Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronakrise verstärken
offenbar die Geschlechterungleichheit in Deutschland. Das hat die
Hans-Böckler-Stiftung in einer am Donnerstag vorgestellten Studie
herausgefunden. Demnach nutzten etwa 38 Prozent der Coronamaßnahmen eher
Männern als Frauen. Von nur rund 40 Prozent der Hilfen profitierten beide
Geschlechter gleichermaßen.
„Das ist ein Beispiel für eine geschlechterblinde Politik, wie es sie im
Jahr 2021 eigentlich nicht mehr geben sollte“, monierte Bettina Kohlrausch,
wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen
Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, auf einer Pressekonferenz am
Donnerstag. Somit sei es der Großen Koalition unter Merkel nicht gelungen,
die besonderen Belastungen von Frauen in der Krise finanziell abzufedern.
Die Studie untersuchte die Effekte von insgesamt 108 Maßnahmen der drei
großen [1][Coronahilfspakete] wie etwa das [2][Kurzarbeitergeld], den
Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende oder den Kinderbonus. „Die
Studienergebnisse bedeuten nicht, dass nicht auch Frauen von den
Coronahilfspaketen profitiert haben und profitieren“, betonte Kohlrausch
zwar. Dennoch: Die Coronamaßnahmen, von denen eher Männer profitieren,
binden fast 70 Prozent des Gesamtbudgets für Coronahilfen – mehr als zwei
Drittel.
## Care-Arbeit in der Pandemie bleibt an Frauen hängen
Das Ergebnis ist umso bedenklicher, da Frauen nicht nur ohnehin
sozioökonomisch schlechter dastehen als Männer, sondern weil sie zugleich
finanziell härter von der Krise betroffen waren. Das liegt zum einen daran,
dass unbezahlte Care-Arbeit, die schon vor der Pandemie zu zwei Dritteln
von Frauen erledigt wurde, im Zuge der Kindergarten- und Schulschließungen
massiv zugenommen hat. Die Pflege von Familienmitgliedern oder die
Kinderbetreuung lasteten [3][überwiegend auf den Schultern von Frauen],
stellte etwa UN Women Deutschland fest. Zum anderen waren besonders Frauen
von Kündigungen betroffen.
Vor allem das [4][Kurzarbeitergeld], die teuerste Maßnahme der
Bundesregierung, wirke besonders geschlechterungerecht. „Das
Kurzarbeitergeld zeigt, dass sich unfaire Strukturen, die schon vor der
Krise bestanden, durch die Hilfsleistung noch verstärken“, sagte
Studienautorin Regina Frey. Das Kurzarbeitergeld wird im Schnitt öfter von
Männern in Anspruch genommen, da Frauen häufiger in Minijobs arbeiten und
somit keinen Anspruch darauf haben.
Zudem kommt es zu einer Verzerrung: Die Lohnersatzleistung orientiert sich
am Nettoeinkommen. Das ist insbesondere bei vielen verheirateten Frauen
niedriger als bei Männern mit gleichem Bruttoeinkommen, weil sie in der
Regel die besonders ungünstige Steuerklasse V wählen.
## DGB fordert, Gesetze auf Gleichstellung zu prüfen
Aus gleichstellungspolitischer Sicht überlässt die alte Bundesregierung der
neuen Ampel-Koalition damit eine große Last. Elke Hannack, stellvertretende
Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, forderte die Politik auf,
alle bestehenden und künftigen Gesetze auf Gleichstellung zu prüfen.
Außerdem schlägt Hannack eine Abschaffung des Ehegattensplittings und der
Lohnsteuerkombination III und V vor. Entsprechende Signale gibt es laut
Hannack vonseiten der Ampel-Koalition allerdings noch nicht.
19 Nov 2021
## LINKS
[1] /Coronahilfen-fuer-Selbstaendige/!5796000
[2] /GroKo-verlaengert-Kurzarbeitergeld/!5704445
[3] /Bertelsmann-Umfrage-zu-Care-Arbeit/!5731274
[4] /GroKo-verlaengert-Kurzarbeitergeld/!5704445
## AUTOREN
Marilena Piesker
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Kurzarbeitergeld
Ungleichheit
Care-Arbeit
Protokoll Arbeit und Corona
Wissenschaftsbarometer
Schwerpunkt Coronavirus
Abgeordnetenhaus
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