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# taz.de -- Neue Kandidatur von Friedrich Merz: Ein Glücksfall für die Ampel
> Mit Friedrich Merz könnte eine Rechtsverschiebung der politischen Kultur
> drohen. Aber die neue Koalition würde ein solcher Gegner
> zusammenschweißen.
Bild: Dritter Anlauf: Friedrich Merz kanditiert wieder
Wetten, dass Friedrich Merz [1][neuer CDU-Chef wird]? Ja, genau, dieser
ewige Möchtegern aus Brilon, der auf der Bundesebene noch nie etwas
gewonnen hat. Gerade weil er wie ein Mann von gestern wirkt, der sich zum
dritten Mal aufdrängt, passt der altmodische Sauerländer perfekt in die
aktuelle Retro-Stimmung.
Wenn sich das halbe Land wieder samstagabends selig vor dem guten alten ZDF
zusammenkuschelt und wie befreit über die Herrenwitze eines 71-jährigen
Moderators zum tiefen Ausschnitt seiner Assistentin lacht, für wen werden
sich die Mitglieder der CDU dann wohl entscheiden?
Nun sage bitte keiner, das könne man doch nicht vergleichen. Klar, Thomas
Gottschalk hat Ironie, Merz Rachsucht. Das eine ist eine alberne
Fernsehshow, das andere Politik. Aber in einer Zeit, in der die Nachrichten
abwechselnd von Corona-, Klima- und Belarus-Katastrophen handeln, also
zunehmend Gruselfilmen gleichen, wächst auch die Sehnsucht nach einer
politischen Führungsgestalt, die dafür sorgt, dass alles endlich wieder
schön übersichtlich und gemütlich wird. So wie es früher natürlich auch nie
wirklich war, aber in der wehmütig verklärten Erinnerung erscheint. Auf
seine Weise hat davon schon Olaf Scholz bei der Bundestagswahl profitiert.
Auch er stand ja für alles andere als Aufbruch.
Merz fehlt die seriöse Langeweile, die Scholz ausstrahlt und die ihm bei
der Kanzlerwerdung hilft, aber als CDU-Chef hätte Merz jetzt erst einmal
einen anderen Job, nämlich Opposition. Und da ist Unterhaltungswert
durchaus ein wichtiges Kriterium, weil er Aufmerksamkeit verspricht. Das
ist Merz’ größter Trumpf. Oder kann sich jemand vorstellen, wie [2][Helge
Braun] oder [3][Norbert Röttgen] mitreißende Reden halten, die sich
substanziell von den drögen Scholz-Ansprachen unterscheiden? Dazu kommt,
dass Merz schlauerweise gleich ein Team mit mehreren Frauen, Ostdeutschen
und Parteipromis wie Jens Spahn präsentiert hat, während Röttgen als eitler
Einzelkämpfer und Braun als blasser Merkel-Helfer gelten.
## Erliegt die CDU der Versuchung?
Auch weil die letzten zwei Versuche mit Vertretern des Merkel-Lagers, AKK
und Armin Laschet, krachend gescheitert sind, spricht also viel dafür, dass
die CDU beim dritten Mal doch noch der Versuchung Merz erliegt. Was daraus
langfristig folgen würde, wäre offen. Schlimmstenfalls eine
Rechtsverschiebung des politischen Diskurses.
Das Risiko besteht, dass Merz mit einer Politik der Angst und
Zukunftsverweigerung Erfolg hat. Aber für die geplante Mitte-links-Ampel
ist seine Kandidatur auch eine Chance. Nichts dürfte SPD, FDP und Grüne
mehr zusammenschweißen als das rechte Schreckgespenst Merz. Topp, die Wette
gilt!
17 Nov 2021
## LINKS
[1] /Friedrich-Merz-und-die-Chefsuche-der-CDU/!5812226
[2] /Nachfolge-von-Armin-Laschet/!5810987
[3] /Kandidatur-fuer-den-CDU-Vorsitz/!5815035
## AUTOREN
Lukas Wallraff
## TAGS
CDU
Friedrich Merz
Ampel-Koalition
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
GNS
Ampel-Koalition
CDU-Parteivorsitzende
Norbert Röttgen
Schwerpunkt Korruption
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