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# taz.de -- Geflüchtete auf dem Mittelmeer: Versuchter Push-Back?
> Seit Tagen irrt ein havarierter Frachter mit über 400 Geflüchteten vor
> der Küste Griechenlands. Die Behörden machen nur vage Angaben.
Bild: Das havarierte Schiff mit 400 Geflüchteten an Bord soll nun einen griech…
Seit Tagen irrt ein demolierter Frachter mit über 400 Menschen an Bord in
griechischen Gewässern umher. Die griechische Küstenwache hat nun die
Kontrolle übernommen. Doch noch immer ist nicht klar, wo die Menschen an
Land gehen können.
Am Freitag stieß die griechische Küstenwache auf das überfüllte Schiff,
welches unter türkischer Flagge fährt. Es lag östlich der Insel Kreta und
hatte Hilferufe abgesendet, da es Probleme mit dem Motor gab. Griechischen
Medienberichten zufolge soll der Frachter von der Türkei aus in See
gestochen sein und ursprünglich Italien als Ziel gehabt haben.
Die Menschen befinden sich nach eigenen Angaben nun den fünften Tag auf dem
Schiff und [1][stammen alle aus Afghanistan]. Durch ihre gesendeten
Hilferufe kamen sie auch mit der Norwegischen Nichtregierungsorganisation
Aegean Boat Report in Kontakt. Tommy Olsen, der Gründer der Organisation,
trackte das Schiff und zeigte auf seiner Seite über Stunden die jeweilige
Position des Frachters an. Dort ist zu sehen, wie das Schiff durch die
griechische Küstenwache von der Insel Kreta in Richtung Türkei geschleppt
wird.
Die Menschen an Bord sendeten besorgte Sprachnachrichten, die Olsen auf
seiner Seite veröffentlichte. Darin sagten die Bootsinsassen, ihnen werde
von der griechischen Küstenwache keinerlei Informationen gegeben, wohin man
sie brächte. „Wir glauben, dass sie uns in die Türkei zurückbringen. Das
ist nicht gut für uns. Bitte helft uns“, sagt eine müde klingende männliche
Stimme. Auch sei ihnen von der Küstenwache verboten worden, ihre
Mobilgeräte zu verwenden. „Für mich sieht das sehr nach einem
[2][Push-Back-Versuch] aus“, sagt Olsen. Doch habe die internationale
mediale Aufmerksamkeit der vergangenen Tage diesen nun verhindert.
## Griechenland dementiert
Die griechische Küstenwache dementiert den Vorwurf. Es wurde zwar eine
Anfrage an die Türkei gesendet, das Schiff an seinen Ausgangsort
zurückzubringen, welche von der Türkei aber direkt abgelehnt wurde. Ein
Pressesprecher der griechischen Küstenwache betont nun: „Es ist sicher,
dass das Schiff in einen griechischen Hafen gebracht wird. Wir suchen noch
nach einem geeigneten Standort, denn die Anzahl der Menschen ist enorm.“ Es
handele sich um eine der größten Such- und Rettungsaktionen im östlichen
Mittelmeer, so der Sprecher.
Das Schiff werde von mehreren Booten der Küstenwache begleitet, damit auf
Krankheitsfälle reagiert werden kann. So wurde eine 46-Jährige Frau vom
Frachter gelassen und in das nächstgelegene Krankenhaus auf der
griechischen Insel Karpathos gebracht, wo sie medizinisch versorgt wird,
berichtete der Pressesprecher. Genaue Angaben über die Versorgung mit
Wasser, Nahrung und Decken der Schiffsinsassen erteilte die Küstenwache
nicht.
Griechenland steht, neben anderen europäischen Staaten in letzter Zeit
immer wieder mit gewaltsamem Zurückdrängen von geflüchteten Menschen an den
EU-Außengrenzen in der Kritik. Das Land hat auf Anordnung der
neoliberal-konservativen Regierung unter Ministerpräsident Kyriakos
Mitsotakis seine Grenzüberwachung und die Seepatrouillen in den letzten 18
Monaten stark verschärft.
Zahlreiche Hilfsorganisationen und Menschenrechtler:innen betonen, der
unmittelbare Umgang mit geflüchteten Menschen sei nach dem
Regierungswechsel im Juli 2019 brutaler geworden. Damals verlor der
[3][linke Ministerpräsident Alexis Tsipras] sein Amt an den heutigen
Regierungschef Mitsotakis. In den vergangenen Monaten wurden in
Griechenland immer mehr Push-Backs vermerkt. Damit wird das Recht der
Menschen behindert, in der EU einen Antrag auf Asyl stellen zu können.
30 Oct 2021
## LINKS
[1] /Afghaninnen-in-der-Tuerkei/!5808996
[2] /Gefluechtete-zwischen-Polen-und-Belarus/!5807204
[3] /Tsakalotos-ueber-Griechenlands-Linke/!5784508
## AUTOREN
Theodora Mavropoulos
## TAGS
Griechenland
Geflüchtete
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlingspolitik
Seenotrettung
Kolumne Grauzone
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Reiseland Griechenland
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