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# taz.de -- Uigurische Ethnologin Rahile Dawut: Seit vier Jahren verschwunden
> Heute ist Tag des inhaftierten Schriftstellers. Unter anderem erinnert
> das Pen-Zentrum an Rahile Dawut, Expertin uigurischer Musik.
Bild: Seit mehr als drei Jahren verschwunden: Die Schriftstellerin Rahile Dawut
Peking taz | Im Dezember 2017 brach Rahile Dawut, damals 51 Jahre alt, von
ihrer Heimat Urumqi in die chinesische Hauptstadt auf. „Ich erinnere mich
immer noch sehr gut an diesen Tag“, erzählt später ihre Tochter Akida
Pulat: „Ich habe darauf gewartet, dass sie mich von Peking aus zurückruft.
Über drei Jahre später warte ich noch immer auf den Anruf.“
Wie Hunderte uigurische Intellektuelle ist Dawut in jener Zeit verschwunden
– spurlos. Ihre offensichtliche Verhaftung war Teil einer Säuberungsaktion
gegen Dichter, Akademiker und Journalisten aus Xinjiang. Die meisten von
ihnen waren moderate Personen, die die „roten Linien“ der chinesischen
Zentralregierung genau kannten. Doch diese haben sich zuletzt immer weiter
verschoben: Allein das Präservieren einer kulturellen Identität sieht
Peking mittlerweile als potenzielle Bedrohung an.
Das Pen-Zentrum erinnert an diesem Montag, dem [1][Tag des inhaftierten
Schriftstellers], auch an Rahile Dawuts Fall. Sie, die als Expertin
uigurischer Musik und Handwerkskunst galt, sagte 2011 in einer chinesischen
Zeitung über ihre akademische Arbeit: „Mich hat dieses lebendige Brauchtum,
das sich stark von den Darstellungen in den Lehrbüchern unterscheidet,
zutiefst angezogen. Wir bewahren und dokumentieren diese Volkskultur nicht
für Archive oder Museumsausstellungen, sondern um sie den Menschen
zurückzugeben.“
Doch das Ziel der chinesischen Regierung ist es längst, die kulturelle
Identität der Uiguren nach den Vorstellungen der Kommunistischen Partei
umzuformen: säkular, assimiliert und absolut loyal zu Staatschef Xi
Jinping.
Seit Jahrzehnten gilt die Region im Westen Chinas als Unruheherd. Rund elf
Millionen Uiguren sind dort seit Jahrtausenden beheimatet. Doch statt der
Mehrheitsgesellschaft der Han-Chinesen ähneln sie vielmehr den angrenzenden
zentralasiatischen Völkern: größtenteils muslimisch, kulturell und
sprachlich ein Turkvolk.
## Umerziehung eines ganzen Volkes
Nach mehreren Terroranschlägen von fundamentalen Islamisten und
Separatisten reagierte Xi Jinping in den letzten Jahren mit der
[2][Umerziehung eines ganzen Volks]: Hunderttausende Uiguren sperrten die
Behörden in Gefangenenlager, wo sie laut Zeugenaussagen politische
Gehirnwäsche und körperliche Folter erleiden müssen. Die gesamte Provinz
glich in den vergangenen Jahren einem Freiluftgefängnis aus Checkpoints,
Überwachungskameras und Polizeipatrouillen. NGOs sprechen von den
schwerwiegendsten Menschenrechtsverbrechen unserer Zeit, einige beobachten
gar einen Genozid.
Bis kurz vor ihrer Verhaftung gab es wenig Hinweise, dass Rahile Dawut für
Peking zur Persona non grata wurde. Kurz vor ihrem Verschwinden hielt sie
noch einen Vortrag über uigurische Frauen an der Universität Peking, sie
erhielt bis zuletzt Stipendien vom Kulturministerium. In ihrer Forschung
sprach sie sich wiederholt gegen extremistische Tendenzen unter Uiguren
aus. Wie viele uigurische Intellektuelle verstand sie sich als
Brückenbauerin. Doch seit Jahren bereits sind ihre Stimmen in China
verstummt.
15 Nov 2021
## LINKS
[1] https://www.pen-deutschland.de/de/2021/11/10/pen-zum-tag-des-inhaftierten-s…
[2] /Menschenrechtsverletzungen-in-China/!5735542
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
Uiguren
Menschenrechte
Xi Jinping
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