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# taz.de -- Präsidentenwahl in Usbekistan: Haushoher Sieg
> Staatschef Schawkat Mirsijojew gewinnt mit 80,1 Prozent der Stimmen die
> Präsidentenwahl. Kandidat*innen der Opposition waren nicht
> zugelassen.
Bild: Stimmabgabe in einem Wahllokal in Taschkent
Berlin taz | Alles nach Plan in Usbekistan: Bei der Präsidentenwahl in der
bevölkerungsreichsten der fünf zentralasiatischen Republiken hat sich
Amtsinhaber Schawkat Mirsijojew am Sonntag erwartungsgemäß eine zweite
fünfjährige Amtszeit gesichert. Auf den 64-Jährigen entfielen 80,1 Prozent
der Stimmen. Seine vier Mitbewerber*innen, die alle von regierungstreuen
Parteien ins Rennen geschickt worden waren, landeten weit abgeschlagen im
einstelligen Bereich. Die Wahlbeteiligung lag offiziellen Angaben zufolge
bei 80,8 Prozent.
Mirsijojew, von 2003 bis 2016 Regierungschef unter dem autoritären
Langzeitherrscher Islam Karimow, wurde nach dessen Tod 2016 zum
Staatsoberhaupt gewählt. Anders als Karimow, der den rohstoffreichen
34-Millionen-Einwohner-Staat zu einem der abgeschottesten Länder der Welt
gemacht hatte, war Mirsijojew mit einer Reformagenda angetreten.
In der Tat hat er einiges auf der Habenseite vorzuweisen. So öffnete sich
Taschkent für ausländische Investitionen und verbesserte seine Beziehungen
zu den Nachbarstaaten in der Region. Dutzende politische Gefangene, die
teilweise jahrzehntelange Haftstrafen verbüßt hatten, kamen frei. Auch der
weit verbreiteten Zwangsrekrutierung von Arbeitskräften für die Ernte von
Baumwolle – eines der wichtigsten Exportgüter Usbekistans –, die auch vor
Kindern nicht Halt machte, setzte Mirsijojew ein Ende.
Demgegenüber stellte sich jedoch für einen Großteil der Bevölkerung keine
spürbare Verbesserung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation ein.
Versprechen, kostenloses Schulessen einzuführen oder die „Mahallas“, eine
Art nachbarschaftliche Selbstverwaltung, mit zusätzlichen Mitteln
auszustatten, blieben genauso uneingelöst wie Finanzspritzen in die marode
Infrastruktur. Im vergangenen Winter waren Stromausfälle an der
Tagesordnung. Auch für dieses Jahr rechnen Expert*innen in der kalten
Jahreszeit mit ähnlichen Problemen.
## Millionen für eine Luxusresidenz
Auch der weit verbreiteten Korruption hatte Mirsijojew den Kampf angesagt.
Zwar hat sich die Situation laut Transparency International leicht
verbessert. Auf dem Korruptionsindex für 2020 nimmt Usbekistan den 146. von
180 Plätzen ein, 2019 wurde das Land noch auf Rang 153 geführt.
Im vergangenen Februar brachte eine Recherche des usbekischen Dienstes von
Radio Freies Europa jedoch ans Licht, dass mehrere Millionen US-Dollar in
ein Bauprojekt zur Errichtung einer Luxusresidenz etwas außerhalb der
Hauptstadt Taschkent geflossen sein sollen, die Mirsijojew künftig zu
nutzen gedenkt.
Auch im politischen Bereich hat der Reformeifer des Staatschefs Grenzen.
Das zeigte sich vor allem in den Monaten vor der Präsidentenwahl. [1][Drei
oppositionelle Parteien erhielten keine Registrierung] – eine
Voraussetzung, um eigene Kandidat*innen aufstellen zu dürfen.
Ein echter Wahlkampf bzw. Debatten zwischen den Kandidat*innen fanden
nicht statt, weswegen Mirsijojews Mitstreiter*innen den Wähler*innen
in Usbekistan weitgehend unbekannt blieben. Eine Ausnahme war nur der
Kandidat Alischer Kadirow. Im vergangenen Juni hatte er vorgeschlagen, alle
LGBTQ-Menschen des Landes zu verweisen. Für wesentlich größere Aufregung
hatte seine Forderung einige Monate später gesorgt, auf
Auslandsüberweisungen usbekischer Arbeitskräfte an ihre Familien Steuern zu
erheben. Viele Usbek*innen sind auf diese Zahlungen angewiesen, um ihren
Lebensunterhalt zu bestreiten.
## Ausreise verweigert
In den vergangenen Wochen häuften sich zudem Berichte über Repressionen
gegen Regimekritiker*innen. So wurde dem Sänger Jahongir Otajanow die
Ausreise in die Türkei verweigert. Otajanow hatte bei der Präsidentenwahl
für die verbotene Partei Erk antreten wollen, sein Vorhaben aber fallen
lassen, nachdem er und seine Familie massiv unter Druck gesetzt worden
waren.
Im August wurde [2][der Blogger] Valijon Kalonow unter dem Vorwurf, den
Präsidenten beleidigt zu haben, festgenommen. Er hatte zu einem Boykott der
Wahl aufgerufen.
Hugh Williamson, Direktor für Europa und Zentralasien bei der
US-Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch (HRW) spricht von einer
verpassten Chance. „Usbekistan hätte echtes Engagement für Reformen zeigen
können, wenn Kandidaten zugelassen worden wären, die die Meinung der
Regierung nicht teilen“, zitiert ihn das Nachrichtenportal Eurasianet.org.
„Aber leider hat es das nicht getan.“
25 Oct 2021
## LINKS
[1] /Parlamentswahl-in-Usbekistan/!5651983
[2] /Pressefreiheit-in-Usbekistan/!5772140
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Usbekistan
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