| # taz.de -- Krise des Springer-Verlags: Natürlich ganz ironisch | |
| > Springer-Chef Mathias Döpfner verschickte eine SMS, in der er die | |
| > Bundesrepublik mit der DDR verglich. Nun heißt es, das sei Ironie | |
| > gewesen. | |
| Bild: Mathias Döpfner auf dem Kongress des BDZV im September | |
| Mathias Döpfner hat mal wieder einen rausgehauen. Julian Reichelt sei „halt | |
| wirklich der letzte und einzige Journalist in Deutschland, der noch mutig | |
| gegen den neuen DDR-Obrigkeitsstaat aufbegehrt. Fast alle anderen sind zu | |
| Propaganda-Assistenten geworden“. [1][Geschrieben hat das der | |
| Vorstandsvorsitzende von Axel Springer zu einem Coronakommentar von | |
| Reichelt]. Nee, ist klar. Wenn Sie auf der nächsten „Querdenker“-Demo einen | |
| Zweimeter-Mann mit markantem Kinn sehen, gerne mal genauer hinsehen. Könnte | |
| ja der Springer-Chef sein. | |
| War natürlich alles nicht so gemeint. Döpfner halte die Bundesrepublik | |
| keineswegs für eine neue DDR, [2][ruderte der Konzern] am Dienstag ist | |
| einem offiziellen Statement zurück. „Das wäre komplett absurd und sollte | |
| für jeden offenkundig sein, der den publizistischen Äußerungen von Döpfner | |
| folgt.“ Außerdem sei das ganze ja ironisch gemeint und bewusst übertrieben | |
| gewesen. | |
| Hört sich irgendwie bekannt an und deutet auf eine flache Lernkurve hin. | |
| 2017 hatte Döpfner, der im Nebenjob auch Präsident des Verlegerverbands | |
| BDZV ist, über die digitalen Aktivitäten von ARD und ZDF gesagt: „Nur | |
| Staatsfernsehen und Staatspresse im Netz – das wäre eher etwas nach dem | |
| Geschmack von Nordkorea.“ | |
| Den Shitstorm danach versuchte er ganz ähnlich wie jetzt zu entschärfen und | |
| erklärte alles zum Gag. „Das war zugegebenermaßen eine polemische | |
| Zuspitzung. Ich bin aus Kreisen der ARD darauf hingewiesen worden, dass es | |
| vielleicht besser gewesen wäre, den Begriff DDR statt Nordkorea zu wählen. | |
| Da wäre ich durchaus verhandlungsbereit“, sagte Döpfner damals dem Spiegel. | |
| Anschließend musste er kleinere Brötchen backen. Aber die große Klappe | |
| blieb. | |
| Denn Döpfner regte sich darüber auf, dass die Öffentlich-Rechtlichen in | |
| ganz alte Debattenmechanismen aus den achtziger Jahren zurückfielen. Da | |
| werde ein Begriff des „Gegners“ herausgepickt, „skandalisiert und aus dem | |
| Kontext gerissen. Dann gibt es eine Debatte über den Begriff – [3][die | |
| Debatte über die Sache selbst] wird damit sehr erfolgreich vermieden“. | |
| Damit hat Döpfner exakt den „Debattenmechanismus“ von Bild unter | |
| Chefredakteur Julian Reichelt beschrieben. Dessen publizistische Leistung | |
| hält der Springer-Chef ja auch „richtig und extrem wichtig für dieses | |
| Land“, wie er in einer Videobotschaft an die Mitarbeitenden im Frühjahr | |
| verkündete. | |
| „Döpfner und Bild können den Workshop 'Krawall 4.0’ belegen, damit sie in | |
| Zukunft zertifiziert für die Richtigen Remmi-Demmi machen“, rät die | |
| Mitbewohnerin. Sonst bedienen sie weiter die neue [4][Generation der | |
| Verschwirrten von den Coronaleugnern bis zum Reichsbürgertum]. Und die | |
| glauben am Ende noch: „Bild kämpft für Sie!“ | |
| 20 Oct 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.nytimes.com/2021/10/17/business/media/axel-springer-bild-julian… | |
| [2] https://twitter.com/laloeffelstiel/status/1450788203703767045 | |
| [3] /Abgesang-auf-Julian-Reichelt/!5806003 | |
| [4] /Rechtsextreme-bei-den-Querdenkerinnen/!5795400 | |
| ## AUTOREN | |
| Steffen Grimberg | |
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