# taz.de -- Expansion in Süddeutschland: Tesla drängt auf Strommarkt | |
> Der E-Autokonzern macht jetzt auch in Energie: Es geht um Batterien, | |
> Heimspeicher, Algorithmen und Autobidder. Ein Problem wird ausgespart. | |
Bild: Tesla vertreibt auch Solaranlagen | |
BERLIN taz | Tesla mischt nach dem Automobil- nun auch den deutschen | |
Stromsektor auf. Denn längst beschränkt sich das Unternehmen aus | |
Kalifornien nicht mehr nur auf den Verkauf von Elektroautos. Es vertreibt | |
auch Solaranlagen und stationäre Stromspeicher – sowie als jüngste | |
Ergänzung auch Strom, wenn auch vorerst nur in Bayern und | |
Baden-Württemberg. Partner ist in diesem Fall die Firma [1][Octopus | |
Energy], ein Strom- und Gasversorger aus Großbritannien. | |
Die einzelnen Komponenten sind dabei wenig spektakulär. Erst das | |
Zusammenspiel ergibt ein Konzept, das „bei Energieversorgern die | |
Alarmglocken“ läuten lässt, wie jüngst das Handelsblatt schrieb. | |
Denn Basis des Geschäftsmodells von Tesla im Stromsektor ist eine von | |
lernenden Algorithmen dominierte Technik, die den Namen „Autobidder“ trägt | |
und erhebliche Auswirkungen auf den Stromhandel haben könnte. Auf Anfragen, | |
die über die Angaben auf der Internetseite des Konzerns hinausgehen, | |
antwortete das Unternehmen nicht. Aber auch mit den bereits bekannten | |
Informationen zeichnet sich eine klare Richtung ab. | |
Tesla beschreibt Autobidder als eine „Echtzeit-Plattform“, die ein | |
„wertebasiertes Anlagenmanagement und Portfolio-Optimierung bietet“. | |
Konkret bedeutet das: Der private Stromspeicher – dieser muss zwingend eine | |
Powerwall von Tesla sein –, die erforderliche Photovoltaikanlage und | |
gegebenenfalls auch die Batterie eines Elektrofahrzeugs werden eingebunden | |
in einen Stromhandel, der an diversen Märkten Einnahmen generiert. | |
Schließlich sind Speicherbatterien „hochflexible Anlagen“, erklärt das | |
Unternehmen. Und diese erforderten „intelligente Strategien und Software, | |
um ihren ganzen Wert zu erreichen“. | |
## Hochfrequenzhandel am Strommarkt | |
Indem Tesla die zahlreichen privaten Speicher koordiniert steuert, kann das | |
Unternehmen auf den Strommärkten – etwa dem Spotmarkt – seinen Stromhandel | |
optimieren. So nutzt es die vielen dezentralen Speicher, um in Zeiten von | |
Stromüberschüssen mit entsprechend billigen Börsenpreisen Energie | |
abzuspeichern und diese in Zeiten der Knappheit mit entsprechend hohen | |
Börsenpreisen wieder abzurufen. | |
Auch auf dem Strommarkt wird, wie an den Aktienbörsen, bereits eine Art | |
Hochfrequenzhandel betrieben, bei dem binnen kürzester Zeit | |
Stromkontingente ge- und verkauft werden. So verweist Tesla auch explizit | |
auf sein „intelligentes Bieten“ an den Strommärkten, das „ausgeklügelte | |
Algorithmen“ und ein „fortschrittliches Software-Ökosystem“ erst | |
ermöglichen. | |
Die Firma wirbt damit, sie verschaffe auf diese Weise „unabhängigen | |
Stromerzeugern, -versorgern und Kapitalpartnern die Möglichkeit, | |
Stromspeicheranlagen eigenständig zu monetarisieren“. Durch die „nahtlose | |
Integration von Hardware und Software“ könne Autobidder „in dynamischen | |
Umgebungen sofort nach der Inbetriebnahme eines Projekts rund um die Uhr | |
zuverlässig Einnahmen generieren“. In Australien hat Tesla damit bereits | |
angeblich Erfahrungen gesammelt. | |
Solche Projekte, die oft als „virtuelle Kraftwerke“ bezeichnet werden, sind | |
in der Energiewirtschaft seit vielen Jahren ein Thema. Aber erst in | |
jüngster Zeit werden sie auch in der Praxis relevant. Einer der Vorreiter | |
war die bayerische Firma Sonnen, ein Hersteller von Heimspeichern. Auch sie | |
schaltet die dezentralen Anlagen in ihrer sogenannten SonnenCommunity | |
zusammen. Die Sonnen GmbH ist heute eine Tochter des Energiekonzerns Shell. | |
## Unklarheit über Lebensdauer der Batterien | |
Die Algorithmen solcher Modelle stützen sich auf Prognosen, wie viel Strom | |
erzeugt und verbraucht wird, wobei auch Wetterprognosen für die | |
Photovoltaik eine große Rolle spielen. Die Speicher werden dann so | |
eingesetzt, dass einerseits der Eigentümer profitiert, indem er möglichst | |
wenig Strom aus dem Netz bezieht. Zugleich sollen die Speicher im Fall von | |
Tesla zusätzlich an den Strommärkten auch bestmögliche Erlöse erzielen. | |
Unklar ist allerdings noch, in welchem Maße die zusätzlich generierten | |
Lade- und Entladevorgänge die Lebensdauer der Batterien beeinträchtigen – | |
dabei geht es sowohl um den Heimspeicher als auch um die Fahrzeugbatterie. | |
Zwar versichert Tesla, Autobidder ermittle „aktiv die Kosten und den Nutzen | |
jeder potenziellen Aktion“. | |
Doch unabhängige Abschätzungen, in welchem Umfang eine Nutzung der | |
Batterien im Dienst der Strommärkte in der Praxis zusätzliche Ladezyklen – | |
und damit Kosten durch Verschleiß – generiert, waren bisher weder vom | |
Bundesverband Energiespeicher noch von den Speicherexperten des | |
Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme zu bekommen. | |
Dabei ist die Antwort auf diese Frage entscheidend: Von ihr hängt ab, ob | |
der Zugriff auf einen Batteriespeicher durch Stromhändler für den | |
Hauseigentümer tatsächlich ein attraktives Geschäft ist. | |
21 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://go.octopusenergy.de/tesla-stromtarif | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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