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# taz.de -- Australischer Thriller „The Dry“ auf DVD: Der Held hat die Ruhe…
> Der australische Thriller „The Dry“ von Robert Connolly zeigt Eric Bana
> als Ermittler auf eigene Faust. Alles in diesem Film ist schwelend.
Bild: In „The Dry“ verlieren sich die Menschen manchmal fast in der Weite d…
Der australische Schauspieler [1][Eric Bana] hat als scharfzüngiger
Comedian begonnen, wurde international als narzisstischer Killer in Andrew
Dominiks ultrabrutalem Film „Chopper“ berühmt und war dann, bevor es das
Marvel Cinematic Universe gab, unter der Regie von Ang Lee in Hollywood
Hulk, der Superheld, der stark und zerstörerisch wird und grün noch dazu,
wenn man ihn reizt.
In „The Dry“ tut er nun jedoch: wenig bis nichts. Sein Spiel ist so
zurückgenommen [2][wie die Landschaft im australischen Outback
abwechslungslos:] verödete Flüsse, ausgetrocknete Seen, verhärmte Seelen,
Mensch wie Natur drohen sich jederzeit zu entzünden, mit verheerenden
Folgen.
Ein schrecklicher Mord ist geschehen. Ein Mann mittleren Alters hat seine
Frau getötet, seinen noch nicht zehnjährigen Sohn getötet und dann sich
selbst eine Kugel durch den Schädel gejagt. So jedenfalls wird das
Verbrechen gedeutet in einem Städtchen, in dem jede jeden kennt und jeder
mit jeder eine Vorgeschichte hat, wenn nicht zwei.
Auch Falk, den Eric Bana hier spielt, verbindet eine gemeinsame
Vergangenheit mit Luke, dem (vermeintlichen) Täter. Sie liegt Jahrzehnte
zurück und war der Grund, warum er, Falk, das Städtchen verließ, nach
Melbourne ging, wo er bei der Polizei Karriere gemacht hat.
Nun kehrt er zur Beerdigung als Privatmann zurück. Nimmt sich ein Zimmer im
stets leeren Hotel, das auch die Bar ist, in der man sich trifft und bei
Gelegenheit prügelt. Stellt fest, dass der Hass, mit dem er vor Jahrzehnten
verfolgt wurde, noch lebendig ist. Und beschließt doch zu bleiben, weil er
nicht glauben kann, dass die offizielle Version des Verbrechens die
zutreffende ist. Er tut sich mit dem unerfahrenen Polizisten des Orts
zusammen, der ihm als Ermittler das Feld überlässt.
## Der Film hat die Ruhe weg
In Küchen und Wohnzimmern führt er Gespräche, die meisten wünschen ihn zur
Hölle, oder zumindest nach [3][Melbourne] zurück. Er bandelt an mit
Gretchen (Genevieve O’Reilly), die er von früher noch kennt, auf
zurückhaltende Weise, er begegnet dem Hass auf noch zurückhaltendere Weise
und folgt, darin ist der Film ganz traditioneller Krimi, den Spuren, den
richtigen und den falschen, die ihn nach und nach in Richtung Wahrheit
führen.
Auf breiter Leinwand ist das erzählt, mit Menschen, die sich in der Weite
der Landschaft manchmal fast verlieren. Auf die angenehmste Weise hat der
Film von Anfang bis Ende die Ruhe weg wie sein Held.
Es ist eine doppelte Geschichte, die er entfaltet. Neben der Gegenwart ist
in Rückblenden zu sehen, was vor Jahrzehnten geschah, was Luke und Falk und
Gretchen als gemeinsames Trauma verbindet: Auch damals starb jemand, Ellie
(BeBe Bettencourt), die im Fluss ertrank. Das war offiziell Selbstmord,
aber Falk, der sich damals gerade in sie zu verlieben begann, wurde von
vielen des Mordes verdächtigt.
Es sind also zwei Fälle, die es zu lösen gilt, und tatsächlich wird es am
Ende auf alle Fragen Antworten geben. Das Drehbuch (nach einem Roman von
Jane Harper) nimmt sich mit schöner Geduld den doppelten Knoten und löst
ihn, Zug um Zug, ruhig, konzentriert, so zurückgenommen wie Eric Bana, der
so generell ausdruckslos bleibt, dass ein Stirnrunzeln schon ein Erdbeben
auslöst. Einmal wird die Musik in den deutschen Untertiteln einfach nur als
„Schwelen“ bezeichnet, und das ist sie.
Ja, „The Dry“ ist ein schwelender Film, die Figuren sind (durchweg
großartig) schwelend gespielt, das Verbrechen schwelt, die Vergangenheit
schwelt, die Landschaft schwelt – darum passt es, dass die Geschichte nicht
nur auf die Aufklärung der Verbrechen hinausläuft, sondern auf Flamme und
Feuer. „The Dry“ ist ein Krimi als Seelenentschwelungsanlage, und zwar der
gelungenen Art.
16 Sep 2021
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## AUTOREN
Ekkehard Knörer
## TAGS
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