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# taz.de -- CSU nach der Wahl: Auftrag? Angebot!
> Die CSU will im Bund weiter mitregieren. Doch am Tag nach der
> historischen Wahlniederlage klingt Parteichef Markus Söder nicht mehr
> ganz so forsch.
Bild: „,One man' ist ja sowieso out.“ Markus Söder bei der Pressekonferenz…
München taz | Es ist der Tag vor seinem 80. Geburtstag, als Edmund Stoiber
vor der CSU-Landesleitung aus dem Auto steigt. Die Vorstandssitzung nach
dem Bundestagswahldesaster will sich der Ehrenvorsitzende nicht entgehen
lassen. „Sagen Sie uns was?“ ruft ihm ein Fernsehreporter zu. „Nein“,
antwortet der sonst so gesprächige Stoiber schlicht. Auch die anderen
Teilnehmer der Sitzung wollen auf dem Weg in die Parteizentrale keine
Stellung dazu nehmen, wie die Union und auch ihre Partei so tief stürzen
konnte und wie es es jetzt weitergehen soll. Nur Sebastian Brehm, der
gerade in Nürnberg sein Direktmandat verteidigt hat, lässt sich ein
Statement entlocken. Laschet? Ja, der werde Kanzler.
Zuvor hat Generalsekretär Markus Blume in einem Interview mit dem
Bayerischen Rundfunk ebenfalls aus dem Wahlergebnis einen Auftrag zur
Regierungsbildung für seine Partei abgelesen. Die Bevölkerung erwarte,
„dass wir alles dazu beitragen, dass es auch in Deutschland eine
bürgerliche Regierung gibt“, so die gewagte These.
Der Mann, der einer solchen bürgerlichen Regierung vorstehen würde, wird in
der folgenden Vorstandssitzung allerdings erstmal ordentlich zerpflückt.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fasst dort, so dringt aus dem
Gremium, die Schwächen der Union bei der Wahl in einer Alliteration
zusammen: „Kurs, Kampagne, Kandidat.“ Auch in anderen Wortmeldungen, etwa
vom EVP-Fraktionschef Manfred Weber oder vom bayerischen JU-Chef Christian
Doleschal, wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die Wahlschlappe zu
einem großen Teil dem Kanzlerkandidaten zuzuschreiben sei und das Ergebnis
mit einem Kandidaten Söder sehr viel besser ausgefallen wäre.
Es ist dieser Widerspruch zwischen einer heftigen Wahlniederlage und der
offensichtlichen Distanz zum CDU-Chef einerseits sowie dem Wunsch nach
Regierungsbeteiligung andererseits, den CSU-Chef Söder im Anschluss an die
Vorstandssitzung bei einer Pressekonferenz auflösen muss. Er tut es, indem
er zunächst einmal das Wahldebakel, deutlich klarer als am Vorabend,
eingesteht. „Ja, es war eine Niederlage“, sagt er. Und nein, die könne man
auch nicht schönreden.
## Schuldzuweisungen an den Kanzlerkandidaten
Aber versuchen kann man es ja mal: So spricht der CSU-Chef dann zunächst
einmal vom blauen Auge, mit dem die CSU davongekommen sei, von den
psychologischen Grenzen – den fünf Prozent im Bund und den 30 Prozent in
Bayern – über denen man geblieben sei, von dem großartigen Schlussspurt,
den man hingelegt habe, und davon, dass die CSU künftig in der
Unionsfraktion ein deutlich schwereres Gewicht habe. Und natürlich davon,
dass man Rot-Rot-Grün verhindert habe.
Aus einem Platz zwei ergebe sich kein Anspruch auf eine Regierungsbildung,
gibt Söder dann zu. „Deshalb können wir nur ein Angebot machen.“ Das aber
werde man machen, für Gespräche über eine Jamaika-Koalition sei man bereit,
es werde Jamaika aber „nicht um jeden Preis“ geben. Die Union dürfe sich
nicht entkernen. Sie müsste in einem solchen Bündnis das soziale Gewissen
sein und zuständig für innere und äußere Sicherheit, aber auch den
ländlicher Raum. Bedingungen: keine Steuererhöhungen, kein Aufweichen der
Schuldenbremse.
Und wo lagen denn nun die eigenen Fehler? Söder gibt sich zurückhaltend.
Das werde man nun analysieren. Die Freien Wähler spielten beispielsweise
eine Rolle, die das bürgerliche Lager Stimmen gekostet hätten. Auch Corona,
denn ein Wahlkampf ohne Bierzelt sei in Bayern einfach schwierig. So ganz
allerdings dürfte die CSU mit der Erzählung, sie habe mit dem Wahldesaster
eigentlich gar nichts zu tun, jedenfalls nicht durchkommen.
## Historisches Debakel
31,7 Prozent erreichte die Partei in Bayern gerade noch. Das ist das
schlechteste Ergebnis seit 70 Jahren. Erstmals verloren sie in München ein
Direktmandat an die Grünen. Die beiden Mitglieder des Bundeskabinetts,
Andreas Scheuer und Dorothee Bär, konnten ihre Wahlkreise zwar erneut
erobern, verloren allerdings 16,8 respektive 12 Prozentpunkte. Und es ist
gerade einmal vier Jahre her, dass die Partei bei der damaligen
Bundestagswahl auf 38,8 Prozent abrutschte. Ein Resultat, das das langsame
Ende von Horst Seehofer als Ministerpräsident und dann auch als Parteichef
einläutete – unter tatkräftiger Mithilfe von Markus Söder.
Der steht derzeit zwar noch recht unangefochten an der Spitze seiner
Partei, sanfte Kritik muss allerdings auch er sich anhören. „Die Zeit des
Lamento war zu lange“, sagt etwa der frühere CSU-Chef Erwin Huber dem
Münchner Merkur. „Ihre Angriffsformation hat die CSU zu spät gebildet.“
Parteichef Söder habe sich zudem zu spät klar an die Seite Laschets
gestellt. „Das hat sich sehr belastend auf den Wahlkampf ausgewirkt.“ Die
CSU müsse sich außerdem breiter aufstellen, brauche mehr Köpfe. Ob er damit
ein Ende der One-man-Show Söder meine? „,One man' ist ja sowieso out. Die
Zukunft gehört den Teams.“
27 Sep 2021
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
CSU
Markus Söder
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Freie Wähler
Jamaika-Koalition
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