# taz.de -- CSU-Parteitag: Harmonie und Hysterie | |
> Die CSU feiert Armin Laschet wie einen Erlöser. Doch diese Show schafft | |
> es nicht, die Abgründe zwischen den Schwesterparteien zu verdecken. | |
Bild: Laschet bei der CSU: Einigkeit und Recht und Zwietracht | |
Ein Parteitag zwei Wochen vor der Wahl ist eigentlich kein Parteitag, | |
sondern Etikettenschwindel: eine PR-Veranstaltung in der Form eines | |
Parteitages. Es ist eine Inszenierung, in der es Geschlossenheit und | |
Dringlichkeit zu vermitteln gilt. [1][Die CSU hat Armin Laschet acht | |
Minuten lang applaudiert,] sie hat ihn gefeiert wie einen Messias, einen | |
Star, der alle Hoffnungen der Union verkörpert. | |
Das Ganze wirkte wie die Familienfeier eines alten Ehepaares, das knapp vor | |
der Scheidung steht, aber gezwungenermaßen den Schein wahrt und | |
ordnungsgemäß glücklich wirkt. Obwohl alle, Akteure und Publikum, wissen, | |
dass sie Theater spielen, fällt niemand aus der Rolle. | |
Diese Eintracht zwischen Söder und Laschet ist aus purer Not geboren. Die | |
CSU schützt sich damit gegen den Vorwurf, den Kandidaten im Fall einer | |
Niederlage nicht beherzt unterstützt zu haben. Der Graben zwischen CSU und | |
CDU ist aber noch immer so tief wie seit der Flüchtlingskrise nicht mehr. | |
Dass Laschet die CSU in Bayern in Umfragen nach unten zieht, wird in | |
München besonders übel genommen. | |
Söder hält den CDU-Chef für ungeeignet und sich selbst für den fähigeren | |
Kanzlerkandidaten. Daran ändert die Nürnberger Harmonieshow nichts, ihr | |
Überschwang stand in krassem Widerspruch dazu reine Pflichtveranstaltung zu | |
sein. Die Eintracht kommt viel zu spät, um auch nur einen Hauch | |
Glaubwürdigkeit beanspruchen zu können. Alle wissen: Wenn die Union nicht | |
stärkste Partei wird, wird es in zwei Wochen eine Nacht der langen Messer | |
geben. | |
Und Armin Laschet? Er spielt, nachdem die Rolle des freundlichen Onkels | |
abgesetzt ist, den aggressiven Angreifers gegen die linke Flutwelle, die | |
das Land zu überspülen droht. Nicht nur sein Verständnis von Volkspartei | |
ähnelt dem von Helmut Kohl, er beherrscht wie Kohl auch die dumpfe wirkende | |
Attacke auf den Gegner. | |
Laschets Behauptung, dass die SPD seit 1949 in allen zentralen Fragen | |
falsch lag, [2][ist eine Geschichtsklitterung,] bei der auch konservative | |
HistorikerInnen nur den Kopf schütteln. In diesem Geschichtsbild ist von | |
der Ostpolitik bis zur Bildungsreform, vom Staatsangehörigkeitsrecht bis | |
zum rot-grünen Atomausstieg alles heraus retuschiert, das nicht das | |
copyright der Union trägt. | |
Hier kommt die Hybris der Staatspartei Union zum Ausdruck, die sich selbst | |
mit der Republik verwechselt. Diese Attacke, maßlos und selbstbezüglich, | |
hat etwas Hysterisches. Denn Laschet formuliert sie genau in dem Moment, in | |
dem die Illusion, dass die Union einen natürliche Anspruch auf das | |
Kanzleramt hat, verfliegt. | |
12 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/inland/btw21/laschet-csu-101.html | |
[2] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/bundestagswahl/id_90781828/… | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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