| # taz.de -- Miniserie „Trigonometry“ bei ZDFneo: Wenn die Chemie einfach st… | |
| > In der britischen Serie „Trigonometry“ verlieben sich drei Menschen. Beim | |
| > Zuschauen verliebt man sich gleich mit. Dafür sorgen Cast, Buch und | |
| > Regie. | |
| Bild: Gemma (Thalissa Teixeira, l.), Ray (Ariane Labed, M.) und Kieran (Gary Ca… | |
| Zunächst geht es, wie so oft, nur ums Geld. Das Leben in London ist teuer, | |
| also beschließen Gemma (Thalissa Teixeira), die ein kleines Café betreibt, | |
| und ihr Lebensgefährte Kieran (Gary Carr), ein Zimmer unterzuvermieten. | |
| Wirklich Lust haben sie darauf keine, schließlich haben sie schon jetzt | |
| kaum Platz oder Zeit füreinander. Doch bevor sie es sich anders überlegen | |
| können, steht schon Ray (Ariane Labed) in der Tür. Aus dem Leben als Paar | |
| wird „Trigonometry“. | |
| Während Gemma und Kieran überarbeitet, übermüdet und – mangelst Zeit – | |
| untervögelt sind, hat Ray ihre Karriere als olympische Synchronschwimmerin | |
| nach einem traumatisierenden Unfall an den Nagel gehängt. | |
| Überhaupt sind die Unterschiede zwischen den dreien auf den ersten Blick | |
| gewaltig. Kieran stammt aus ärmeren Verhältnissen, wuchs die meiste Zeit | |
| bei Pflegeeltern auf und musste als Soldat im Krieg Dinge mitansehen, die | |
| lange kaum zu verarbeiten waren. Gemma, Tochter eines weißen, eher | |
| gefühlskalten Vaters und einer schwarzen, früh bei einem Unfall | |
| verstorbenen Mutter, identifiziert sich als queer und hatte auch schon | |
| Beziehungen mit Frauen. | |
| ## Britische Ernsthaftigkeit | |
| Ray dagegen steht nach Jahren des pausenlosen Trainierens nun in der | |
| Großstadt erstmals auf eigenen Beinen, erlebt beim Pub-Besuch fasziniert | |
| ihre erste Drag Show und wirkt auch sonst mitunter wie die naiv-verpeilte | |
| Unschuld vom Lande. Aber die Chemie stimmt, die Dreier-Konstellation | |
| verändert sich rasant, aus einem Untermieter-Verhältnis wird erst eine enge | |
| Freundschaft – und schließlich mehr. | |
| „Trigonometry“ ist eine BBC-Produktion, was schon ein erster Hinweis darauf | |
| ist, dass es hier kaum um die reißerische Darstellung eines Throuples geht, | |
| dieses vermeintlich so modernen Modells einer Dreierbeziehung. Die | |
| achtteilige Serie, verantwortet von Dramatiker Duncan Macmillan und | |
| Schauspielerin Effie Woods, reiht sich ein bei „Fleabag“, „Back to Life“ | |
| oder [1][„Pure“], britischen Serien also, die mit Witz, Ernsthaftigkeit und | |
| Authentizität vom Alltag von Menschen um die 30 erzählen. | |
| Es geht in „Trigonometry“ weniger um Queerness oder Sex (auch wenn der | |
| durchaus eine Rolle spielt), und auch die Polyamorie an sich oder die | |
| Schwierigkeiten, eine glückliche Dreierbeziehung zu führen, sind nicht der | |
| alleinige Fokus der Geschichte. Eher konzentrieren sich Macmillan und Woods | |
| darauf, wahrhaftig und mit nur leicht utopischem Einschlag allgemein von | |
| zwischenmenschlichen Beziehungen zu erzählen: von amourösen und | |
| partnerschaftlichen, von Freundschaft und – weil auch das Umfeld der | |
| Protagonist*innen immer mit einbezogen wird – auch von | |
| (wahl-)familiären. | |
| Wäre ein wenig mehr Radikalität und Experimentierfreude vorstellbar | |
| gewesen, auch angesichts der Tatsache, dass [2][Polyamorie] in Film und | |
| Fernsehen eher selten ernsthafte Repräsentation erfährt? Keine Frage. Doch | |
| auch der niedrigschwellige, auf Zugänglichkeit bauende Ansatz von | |
| „Trigonometry“ hat etwas für sich, zumal er hervorragend umgesetzt ist. | |
| Es ist nicht Plot, der die Serie vorantreibt, selbst die Dialoge treten | |
| mitunter in den Hintergrund. Viel wichtiger sind Blicke und Stimmungen, und | |
| gerade in dieser Hinsicht spielen alle Beteiligten ihre Stärke aus. | |
| ## Man kann sich gleich mit verknallen | |
| Macmillans Theater-Background macht sich nicht zuletzt im räumlichen Aufbau | |
| der zu weiten Teilen in einem Apartment spielenden Geschichte bemerkbar, | |
| während die griechische Regisseurin Athina Rachel Tsangari (für die letzten | |
| drei Folgen übernimmt Stella Corradi) enormes Feingefühl selbst dann an den | |
| Tag legt, wenn das Drehbuch momentweise die Subtilität hintanstellt. | |
| Doch all das wäre nichts ohne das Trio in den Hauptrollen: Teixeira, Carr | |
| und Labed haben ein solches Übermaß an Charisma, dass die Luft zwischen | |
| ihnen gar nicht zu knistern aufhören will. Man kann ihnen kaum zuzusehen, | |
| ohne sich in sie zu verknallen – etwas Besseres kann einer Serie über die | |
| Liebe kaum passieren. | |
| 10 Sep 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Patrick Heidmann | |
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