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# taz.de -- Verkehrsplaner zur IAA: „Fetisch individuelle Mobilität“
> Verkehrsplaner Michael Mögele beteiligt sich am Gegenkongress zur IAA.
> Die Autoindustrie nur als Feindbild zu sehen, findet er aber
> problematisch.
Bild: So stellt sich Mercedes die Zukunft vor, Automobilmesse IAA 2021
taz: Herr Mögele, die IAA will jetzt keine Automesse mehr sein, sondern ein
„Mobilitätsevent“. Hat die Industrie die Zeichen der Zeit erkannt?
Michael Mögele: Wie man in München dieser Tage sehen kann, hat die
Gesellschaft die Zeichen der Zeit durchaus erkannt – [1][die Messe wird von
institutionalisierten Protesten wie Gegenkongressen begleitet]. Von der
Industrie kann man das nicht unbedingt behaupten. Der Verband der
Automobilindustrie schreibt der individuellen Mobilität immer noch einen
überhöhten Stellenwert zu. Das sind nicht die Zeichen der Zeit.
Was ist an individueller Mobilität schlimm? Ein Fahrrad dient ja auch der
individuellen Fortbewegung.
Aber die Industrie fetischisiert das Individuelle geradezu, und das ist
problematisch. Mobilität hat immer Konsequenzen für Menschen und Natur,
beabsichtigt oder unbeabsichtigt. [2][Es geht dabei auch um Raumknappheit
und Ressourcenknappheit]. Der Industrie geht es hauptsächlich darum, ihren
wirtschaftlichen Fortschritt zu sichern, aber das ist nur ein Aspekt von
vielen, und der funktioniert natürlich am besten, wenn jeder sein eigenes
Gerät besitzt.
Die Messe behauptet, auf dem direkten Weg in eine CO2-neutrale Zukunft zu
sein. Was ist da dran?
Wenn diese Zukunft durch eine „klimaneutrale Automobilität“ verwirklicht
werden soll, haben wir nichts geschafft. „Klimaneutral“ wird meist
reduziert auf eine CO2-Bilanz. Das ist aber verkürzt, es hängt zum Beispiel
auch der Ressourcenverbrauch in der Produktion daran. Die Zukunft der
Mobilität wird einfach nicht die Automobilität sein.
Wie groß ist die Bereitschaft in der Branche, sich vom eigenen Auto als
zentralem Transportmittel abzuwenden?
Der Wille zur Abkehr vom eigenen PKW wird da sein müssen. Nur ist das eben
der Kern des Geschäftsmodells der letzten Jahrzehnte, deshalb ist es so
schwierig. Das Leitbild war: Man ist individuell mobil, das bedeutet
Fortschritt, man kann ein selbstbestimmtes mobiles Leben führen, und das
hängt am eigenen PKW.
Woher soll der Druck auf die Branche kommen? Die meisten Haushalte werden
ihr Auto nicht freiwillig abschaffen.
Viele Haushalte haben ja gar kein Auto. Das wird zwar immer anders
dargestellt, aber zum Beispiel sind in München 44 Prozent der Haushalte
autofrei. Der Druck muss von unten und oben kommen. [3][Die Beschäftigten
müssen Druck machen und die Proteste müssen sie einbinden]. Von politischer
Seite muss man sich damit auseinandersetzen, dass Mobilität reguliert
gehört.
Welche politische Vorgabe müsste sofort umgesetzt werden?
Bei Tempolimits gibt es keinen rationalen Grund, sie nicht einzuführen. Es
wäre auch eine Ansage an die Produktion, es würde ja keinen Sinn mehr
ergeben, dass ein Auto 250 fahren kann. Aber das wird sich nach der
Bundestagswahl zeigen. Darüber hinaus ist die Mobilitätswende eine
gesamtgesellschaftliche Frage, sie kann nicht nur auf politischer oder nur
auf Konzernebene gelöst werden, sondern gemeinsam.
Das heißt auch: mit der Autoindustrie, nicht gegen sie, wie die
Protestierenden proklamieren?
Plakative Slogans wie „Die Macht der Konzerne brechen“ sehe ich kritisch.
Für die Antwort auf die Frage „Wie soll die Mobilitätsindustrie aussehen?“
sind sie nicht zielführend. Man muss sich eher fragen: „Was möchte ich mit
meiner industriellen Produktion erreichen?“ Und dann zusammen Lösungen
finden.
9 Sep 2021
## LINKS
[1] /Automesse-in-Zeiten-von-Klimaschutz/!5795482
[2] /Greenwashing-auf-der-IAA/!5798788
[3] /Beschaeftigte-in-der-Automobilindustrie/!5782696
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
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