# taz.de -- Parteigründer Jürgen Todenhöfer: Ein unfassbarer Typ | |
> Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Todenhöfer ist der | |
> rätselhafteste Politiker Deutschlands. Nicht alles, was er sagt, ist | |
> harmlos. | |
Bild: Jürgen Todenhöfer in München, im Mai dieses Jahres | |
BERLIN taz | Jürgen Todenhöfer ist schwer zu fassen: Einst | |
ultrakonservativer CDUler, [1][dann Publizist], kurz Herausgeber bei der | |
linken Wochenzeitung Freitag, tritt er heute mit seiner eigenen Partei, | |
Team Todenhöfer, bei der Bundestagswahl an. Ob er inzwischen für linke oder | |
eher für rechte Politik steht, lässt sich kaum mehr bestimmen. Seine | |
Wahlplakate, die Politik „ohne Lügen, Korruption und Krieg“ versprechen, | |
lassen einen ratlos zurück. | |
Telefoniert man mit Todenhöfer, wird immerhin eins schnell klar: | |
Selbstbewusstsein hat der Mann genug, kaum einer seiner Sätze kommt ohne | |
das Wort „ich“ aus. Man wundert sich nicht, Todenhöfer hat schließlich | |
seine Partei einfach mal nach sich selbst benannt. Er hat aber auch was zu | |
erzählen: Er sitze gerade in einem Hotel in Kabul, beim neuen | |
Außenministerium der Taliban sei er gerade gewesen, habe sich für die | |
Rechte von Schülerinnen eingesetzt. Auch das gehört zu Todenhöfer: Er kennt | |
sich aus in der Welt, reist in gefährliche Gebiete, auch zu Islamisten. | |
„Ich spreche immer mit beiden Seiten“, sagt er. | |
Kritiker:innen werfen Todenhöfer vor, er rede vor allem mit und für die | |
Falschen: Zu Besuch war er schon bei Syriens Diktator Assad und in den 70er | |
Jahren in Chile bei Pinochet. Auf Twitter verteidigt er Erdoğan, äußert | |
sich auch mal positiv über das russische Wahlsystem. In seinem Buch „inside | |
IS“ zeigte Todenhöfer stellenweise [2][irritierend viel Sympathie für die | |
Dschihadisten], die er bei seiner Reise ins sogenannte Kalifat traf. Doch | |
den Vorwurf, er habe eine Vorliebe für die Autoritären und Illiberalen, | |
weist Todenhöfer genauso zurück wie die zahlreichen anderen Vorwürfe gegen | |
ihn. | |
Populistische Sprache? Er sei kein Populist, sagt Todenhöfer. Er sagt auch: | |
„Wir wollen eine neue Politik und Politiker, denen die Bevölkerung | |
wichtiger ist als die Wiederwahl.“ | |
Ist er etwas zu sehr auf Israel fokussiert für einen, dessen Onkel direkt | |
am Holocaust beteiligt war? „Ich kritisiere Deutschland genauso hart wie | |
die israelische Außen- und Militärpolitik“, sagt Todenhöfer, der 2019 im | |
Gazastreifen gegen Israel protestierte. Aber hat er nicht 2015 auf | |
Facebook ein Lied vom auch damals schon rechts schwurbelnden Xavier Naidoo | |
geteilt, in dem der singt, Muslime würden „den neuen Judenstern“ tragen? | |
Doch, aber von Naidoo habe er sich inzwischen ja distanziert, sagt | |
Todenhöfer. Und „Xavier Naidoo wollte damit den Holocaust nicht | |
verharmlosen“. | |
Es sind solche Aussagen, die dafür sorgen, dass man im Gespräch mit | |
Todenhöfer nicht nur Verwirrung empfindet, sondern auch deutliches | |
Unbehagen. | |
23 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Die-Wahrheit/!5365009 | |
[2] /Die-Wahrheit/!5256905 | |
## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Jürgen Todenhöfer | |
Antisemitismus | |
HipHop | |
China | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Jürgen Todenhöfer | |
Jürgen Todenhöfer | |
Jürgen Todenhöfer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Xavier Naidoos Musikerkarriere: Mannheims verlorener Sohn | |
Xavier Naidoo wollte ein auf Deutsch singender Soulinterpret werden. Aber | |
dann ging in seinem Kopf zu viel durcheinander. | |
Protest gegen Olympia in China: Beinahe machtlos | |
Shahnura Kasim protestiert gegen die Unterdrückung der Uigur:innen. Sie | |
ruft mit anderen zum Boykott der Olympischen Winterspiele auf. | |
Möglicher Ausgang der Bundestagswahl: Die Macht der Kleinsten | |
Was, wenn es Bergpartei, Team Todenhöfer und die Reformer in den Bundestag | |
schaffen? Klar: Es kommt eine neue Groko. Ein Gedankenexperiment. | |
Demo von Jürgen Todenhöfer: Ganz schön groß | |
Zu seinem 80. Geburtstag plant der Publizist Jürgen Todenhöfer eine | |
Demonstration. Unklar ist, worum es dabei eigentlich geht. | |
Die Wahrheit: Jeder Satz ein Schatz | |
Große Werke des Schwachsinns neu entdeckt: In seinem Buch „Ich denke | |
deutsch“ aus dem Jahr 1989 lässt Jürgen Todenhöfer Metaphernlawinen rollen. | |
Die Wahrheit: Des Kalifen schwarzer Schatten | |
Mehr als Tausendundeine Nacht: Ein magisches Märchen vom Leben und der | |
Liebe in Zeiten des „Islamischen Staates“. |