Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Urteil wegen Terrorismus in Ruanda: 25 Jahre für „Hotel Ruanda�…
> Der frühere ruandische Hotelmanager Paul Rusesabagina ist als Organisator
> einer Terrororganisation in Kigali zu 25 Jahren Haft verurteilt worden.
Bild: Schuldig gesprochen: Paul Ruisesabagina
Berlin taz | Ruandas Strafkammer für internationale Verbrechen am Obersten
Gericht in Kigali hat am Montag [1][Paul Rusesabagina] schuldig gesprochen
und zu 25 Jahren Haft verurteilt. Er habe die Terroranschläge in Ruanda
2018 zwar nicht persönlich begangen. Doch er habe als Anführer einer
Terrororganisation dazu beigetragen, die Anschläge zu finanzieren, Kämpfer
dafür zu rekrutieren und sie zu ermutigen, diese Angriffe durchzuführen.
Später habe er in den internationalen Medien darüber angegeben, erfolgreich
Angriffe in Ruanda durchgeführt zu haben.
Das Urteil gegen den ehemaliger Vize-Direktor des Hotels Mille Collines in
Kigali, wo während des ruandischen Völkermords 1994 verfolgte Tutsi
Zuflucht fanden, kam am Montag nicht unerwartet. Ruandas Regierung führte
den 67-jährigen Ruander, der mittlerweile die belgische Staatsangehörigkeit
angenommen hat, als einen der meist gesuchten Feinde des Landes. Er galt in
den vergangenen Jahren als einer der einflussreichsten Exilpolitiker, der
gegen die Regierung in Kigali mobilisierte.
Im Westen ist Rusesabagina, ein Hutu, als „Held“ bekannt, dessen Rolle als
Hotelmanager im Hollywoodfilm „Hotel Ruanda“ 2004 verfilmt worden war. Er
wird darin als Retter von über tausend Tutsi porträtiert, die in den
Hotelzimmern Schutz gefunden hatten. Die meisten dieser Überlebenden
kritisierten später, die Heldenrolle habe nicht der Wirklichkeit
entsprochen.
Das Urteil in Kigali bestätigt nun: Rusesabagina sei als politischer Führer
der Oppositionskoalition MRCD (Ruandische Bewegung für Demokratischen
Wandel) und deren bewaffneten Flügels FLN (Nationale Befreiungsfront) für
die Terroranschläge 2018 in Ruanda verantwortlich.
## Argumentation aus Stuttgart übernommen
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die FLN die gezielten Angriffe
gegen die Zivilbevölkerung im Juni und Juli 2018 begangen habe. Es
bestätigte ebenfalls, dass es sich bei den Überfällen gegen einen Bus, der
Ermordung der Passagiere durch den Einsatz von Feuerwaffen sowie der
Entführung von Zivilisten um terroristische Anschläge gehandelt habe.
2018 gründeten verschiedene, teils bewaffnete ruandische Exilgruppen aus
dem Kongo, Südafrika und anderen Ländern die Koalition MRCD mit
Rusesabagina als Präsidenten. Als bewaffneter Flügel der MRCD fungierte die
aus dem Kongo heraus kämpfende FLN. Die FLN rekrutiert sich vor allem aus
ehemaligen Kämpfern und Kommandeuren der ruandischen Hutu-Miliz FDLR
(Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), deren Anführer bereits 2015
in Deutschland vor Gericht standen. Das [2][Oberlandesgericht Stuttgart]
hatte die FDLR als Terroristische Vereinigung eingestuft.
Dieselbe Argumentation wie in Stuttgart hat nun auch das ruandische Gericht
angewandt. Die Staatsanwaltschaft konnte Rusesabagina und seinem
Mitangeklagten Callixte Nsabimana nachweisen, dass sie im Vorfeld der
Anschläge 2018 über die geplanten Taten informiert worden waren. „Sie haben
den Militärchef des FLN, General Hamada, instruiert, die Angriffe
durchzuführen“, so der Richter in seiner Urteilsbegründung. Die beiden
Angeklagten seien zwar nicht persönlich vor Ort gewesen, ihre Führungsrolle
mache sie dennoch verantwortlich für die Taten.
Das Gericht sah es auch als erwiesen an, dass Rusesabagina nach den
Anschlägen in seiner Rolle als politischer Führer in den internationalen
Medien wie BBC die Anschläge „zugegeben“ habe und die FLN-Kämpfer im
Vorfeld gezielt mit Waffen und Nahrungsmittelrationen ausgestattet habe,
für welche er die Gelder besorgt hatte.
## Verteidigung sprach von „Entführung“
Beweise für diese Verantwortlichkeit für die Terroranschläge habe das
Gericht vor allem den Emails entnommen, die belgische Ermittler auf
Rusesabaginas Laptop gefunden hatten, als sie sein Haus in Belgien
durchsucht und ihn zu den Vorwürfen aus Ruanda befragt hatten. Er habe
während der Vernehmung und später in seine Aussagen vor Gericht zugegeben,
Gründungsmitglied der MRCD zu sein.
Rusesabagina habe in zahlreichen Kommunikationen, darunter in einem Brief
an die Vereinten Nationen, sich klar zu den Anschlägen der FNL bekannt und
angekündigt, die FNL verfolge das Ziel, die Regierung Ruandas zu stürzen,
argumentiert der ruandische Richter. Er habe durch seine Unterschrift unter
den Pressemitteilungen der Miliz seine Rolle innerhalb dieser Organisation
bestätigt. Er sei also von vorne herein „in Kenntnis“ gewesen, dass diese
bewaffneten Gruppen Terroranschläge planen und durchführen wollen.Er habe
diese nicht verhindert.
Am meisten umstritten war von Beginn des Prozesses an die dubiose
„[3][Verhaftung]“ von Rusesabagina. Er war 2019 aus den USA nach Dubai
geflogen. Von dort wollte er mit einem angemieteten Privatjet nach Burundi,
Ruandas Nachbarland. Ein burundischer Pfarrer hatte ihn eingeladen, dort
einen Vortrag zu halten. Stattdessen landete er in Kigali, wo Soldaten ihn
auf der Landebahn aus dem Jet zerrten – wohl eine Geheimdienstoperation.
Rusesabaginas Verteidigung hatte argumentiert, es sei von Ruandas
Geheimdienst „entführt“ worden, somit sei seine Verhaftung illegal. Diese
Argumentation wies das Gericht zurück. Es sei keinerlei Gewalt angewandt
oder die Souveränität eines anderen Landes verletzt worden. Insofern sei
dieser Einwand ungültig.
20 Sep 2021
## LINKS
[1] /Urteil-im-Prozess-in-Ruanda-erwartet/!5798998
[2] /Kongo-Kriegsverbrecherprozess-am-BGH/!5558013
[3] /Paul-Rusesabagina-in-Ruanda-verhaftet/!5706652
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Terrorismus
FDLR
Ruanda
Schwerpunkt Völkermord in Ruanda
Völkermord Ruanda
Ruanda
Ruanda
Schwerpunkt Völkermord in Ruanda
Ruanda
Ruanda
## ARTIKEL ZUM THEMA
Freilassung in Ruanda: Gnade für Paul Rusesabagina
Nach mehrjähriger Haft kommt der bekannteste Kritiker von Ruandas Präsident
Kagame frei. Er war als Führer einer Terrorgruppe verurteilt.
Konflikt zwischen Ruanda und Uganda: Grenze wieder offen
Uganda und Ruanda haben ihre Grenzblockade aufgehoben. Überraschend lösten
die Staatsmänner das Problem nach drei Jahren.
Urteil im Prozess in Ruanda erwartet: Vom Filmhelden zum Terroristen
Paul Rusesabagina droht wegen Mordes und Terrorfinanzierung lebenslange
Haft. Einst inspirierte er Hollywood zum Film „Hotel Ruanda“.
Terrorprozess in Ruanda: Filmheld oder Terrorist?
In Ruanda steht die als Terrorgruppe eingestufte Rebellenarmee FLN vor
Gericht. Prominentester Angeklagter: ihr Chef Paul Rusesabagina.
Paul Rusesabagina in Ruanda vor Gericht: Bewaffneter Kampf bestätigt
Der als Filmheld berühmt gewordene „Mille-Collines“-Chef Paul Rusesabagina
bestätigt vor Gericht die Mitgründung einer bewaffneten Gruppe.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.