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# taz.de -- Hamburger Schulpolizist über seinen Job: „Es erfordert Fingerspi…
> Der Polizist Marcelino Marcos Garces ist gern Cop4U. Weniger gern nehme
> er Strafanzeigen auf. Das Konzept sei bewährt, aber auch Kritik legitim.
Bild: Ist gerne auch mal nachmittags an der Schule: Stadtteipolizist Marcelino …
taz: Herr Marcos, wie wird man Cop4U?
Marcelino Marcos Garces: Ich bin seit 2018 als Stadtteilpolizist tätig, das
beinhaltet auch die Aufgabe des Cop4U in den Schulen des Gebiets. Da bin
ich für die Schulen der Hafencity zuständig. In meiner Freizeit bin ich
auch noch Präventionslehrer an der Stadtteilschule Lurup.
Macht Ihnen die Arbeit Spaß?
Was mir Spaß bringt, ist, mit den Kindern gemeinsam zu arbeiten und
zusammen zu sein. Ich bin jetzt seit vier Jahren Präventionslehrer in
Lurup, sehe alle Schüler der 5. bis 8. Klassen zweimal im Jahr. Da kenne
ich die Kinder. Ich weiß, wie es zu einem Konflikt kommt. Die Erfahrungen
als Präventionslehrer bringe ich auch in den Bereich Cop4U ein.
Und was macht am wenigsten Spaß?
Mit Kindern darüber zu reden, dass sie eine Strafanzeige bekommen. Sind sie
über 14, kommen ja auch strafrechtliche Konsequenzen auf sie zu. Als Cop4U
sind wir für Strafverfolgung zuständig. Schulen melden dann solche
Gewaltvorfälle auch an die Polizei. Dafür gibt es seit 2016 einen neuen
Meldebogen.
Ist das wichtig?
Ja. Denn seit 2016 sind da einfache Körperverletzungen und
Sachbeschädigungen nicht mehr enthalten. Dass heißt, Rangeleien, wenn was
kaputt geht, diese einfachen Geschichten müssen die Schulen nicht melden.
Aber Delikte wie Raub, gefährliche Körperverletzung und räuberische
Erpressung schon. Deshalb gehen wir in unserer Freizeit als
Präventionslehrer an die Schule.
Aber [1][laut diesem Formular] gilt bereits als gefährliche
Körperverletzung, wenn ein Kind mit einem Stift in der Hand haut? Ich hörte
von einem Neunjährigen, der angezeigt wurde, weil er mit Stoffband haute.
Wenn eine Schule das meldet, dann nimmt der Cop4U diese Strafanzeige auch
auf. Bei einem neunjährigen Kind, da ist nicht die Absicht, zu verletzten.
Da steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund und erfordert
Fingerspitzengefühl.
Ein Kollege von Ihnen machte kürzlich vor der Ida-Ehre-Schule schlechte
Erfahrungen. Er wurde Opfer von Tritten.
Ich bitte um Verständnis, dass ich dazu nichts sagen kann. Ich war nicht
dabei und kenne die Schule nicht.
Aber es gibt eine Diskussion um das Konzept an sich.
Erziehungswissenschaftlerin Sinah Mielich sagte in der taz: [2][„Cop4U ist
der falsche Weg.“]
Das habe ich gelesen.
Sie stellte 2010 im Rahmen einer Studienarbeit fest, dass die Polizei
pädagogische Aufgaben übernehme. Sie bauten Vertrauen zu den Schülern auf,
wären aber keine Pädagogen, sondern müssen als Polizei Strafanzeigen
stellen.
Ich würde das gerne als Kritik erst mal so stehen lassen. Es hat auch seine
Berechtigung. Wo ich bei Frau Mielich bin, ist, dass wir mehr
Sozialpädagogen brauchen. Der Cop4U wurde vor 20 Jahren eingeführt, als die
„Abzieh-Delikte“ Thema waren. Da geht es um Raub und räuberische
Erpressung. Hinter so einer Tat steckt schon mehr Gewalt als hinter einer
Schubserei. Es ging darum, das aufzuhellen, zu gucken, wer steckt dahinter.
Diese Studienarbeit ist ja von 2010. Inzwischen hat sich einiges
entwickelt.
Zum Beispiel?
Es ist akzeptiert und gewünscht, dass der Cop4U an einer Schule ist. Ich
bin jetzt an der neuen Campusschule in der Hafencity. Die Schulleiterin hat
mir gleich die Tür geöffnet, denn sie kennt den Cop4U von ihrer früheren
Schule. Ich versuche, einmal die Woche in der Schulkantine zu essen und
auch in den Pausen und am Nachmittag einfach mal für die Kinder da zu sein.
Kinder kommen häufig selbst auf einen zu.
Wie alt sind die Kinder?
Fünfte Klasse, zehn, elf Jahre.
Da findet man Polizisten toll.
Ja. Wenn sie noch kleiner sind, wollen sie alle Polizist werden. Es ist ein
Unterschied, ob man die Kinder mit Namen kennt oder als Peterwagenbesatzung
von außen kommt.
Brauchen wir denn die Cop4U noch? Sind diese „Abzieh-Delikte“ noch Thema?
Ja, der Cop4U hat sich als wichtiger Bestandteil etabliert. Aktuell ist ein
anderes Phänomen: dass sich, wenn es eine Streitigkeit gibt, viele Schüler
miteinander vernetzen per SMS, Whatsapp oder Mail und solidarisieren. Oder
einer ruft „Fetze“. Heißt: Da sind ihre Kumpels und den stehen sie zur
Seite.
Solidarität ist etwas Positives.
Ja. Aber wenn 20, 30 Leute drum herumstehen, dann macht das etwas mit
denen, die da streiten. Dass da jemand noch angepeitscht wird. Und es
besteht die Gefahr, dass die Umstehenden selber Opfer von Straftaten oder
Täter werden.
Schulhofhauereien gab es doch früher auch.
Das stimmt. Was wir mit den Kindern besprechen, ist, wie sie sich
verhalten. Ich gebe den Kindern den Grundsatz mit: Wir helfen, ohne uns
selber in Gefahr zu bringen. Ich muss nicht bei Leuten, die stärker, größer
sind, da hinein. Ich kann auch Hilfe holen bei Lehrern oder Polizei. Es
kommt vor, dass 20 Leute nichts tun außer zu gucken und keinen Notruf
absetzen oder helfen.
Geht nicht eigentlich die Jugendgewalt in den letzten 20 Jahren zurück?
Weil Kinder selber weniger geschlagen werden. Das ist ja verboten.
Dazu habe ich keine Zahlen. Aber Gewalt muss man in Zeiten von Internet und
Handy anders definieren. Es gibt andere Formen als Schläge. Etwa Bilder,
die man manipuliert und weiterverschickt. Wenn ich jemand haue, dann hat er
ein blaues Auge, das sieht man. Wenn da Bilder sind, die jemand nicht
möchte, bewirkt das auch etwas.
Wir haben seit anderthalb Jahren Coronaregeln. Schafft das zusätzliche
Konflikte zwischen Jugend und Polizei?
Da sind viele Regeln, an die wir uns neu gewöhnen müssen. Wir haben andere
Aufgabenfelder bekommen.
Kinder mussten viel erleiden in der Pandemie, konnten ihre Freunde nicht
sehen.
Das stimmt. Ich hatte neulich die ersten Klassen nach dem Lockdown befragt.
Die finden natürlich Schule besser als Homeschooling, weil sie da ihre
Freunde haben. Die fehlten ihnen natürlich. Wir müssen wieder lernen,
normal miteinander umzugehen und normale Umgangsformen zu haben.
12 Sep 2021
## LINKS
[1] /Schwarze-Paedagogik-in-Hamburg/!5362055
[2] /Erziehungsforscherin-ueber-Schul-Polizei/!5794004
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Polizei Hamburg
Schule
Erziehung
Gewalt in der Schule
Polizeigewalt
Schule
Polizei Hamburg
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