# taz.de -- Boulevard Unter den Linden: Autofrei in 16 Jahren? | |
> Die langsamen Mühlen der Planung: Was autofreie Linden in Berlin-Mitte | |
> mit Angela Merkel und Helmut Kohl gemeinsam haben. | |
Bild: Verkehrssituation auf dem Boulevard Unter den Linden in Berlin-Mitte | |
Hätte so etwas sehr überzeugend geklungen? „Wir werden den Boulevard Unter | |
den Linden fußverkehrsfreundlich machen und den motorisierten | |
Individualverkehr unterbinden. Das dauert voraussichtlich 16 Jahre.“ Nein, | |
natürlich nicht. Deswegen stand der letzte Satz auch nicht in der | |
Koalitionsvereinbarung R2G von 2016. [1][Seit der vergangenen Woche] ist | |
aber klar: Das Projekt dauert tatsächlich ungefähr so lange wie die | |
Regierungszeit von Angela Merkel oder Helmut Kohl selig. | |
Nun ist eine Umgestaltung der einstigen Pracht- und Flanierstraße Unter den | |
Linden ganz sicher nicht dasselbe, wie mal [2][ein Dutzend Felsbrocken auf | |
der Bergmannstraße] abzuladen – auch wenn das seinerzeit eine sehr | |
effektive Maßnahme gegen Falschparkende war. Das Ganze soll schon | |
einigermaßen gut werden, der Denkmalschutz lässt auf der alten | |
Preußenmagistrale nicht mit sich spaßen, und die Anrainer haben hier auch | |
ein anderes Kaliber. | |
Aber 2032, wirklich? Nun, fünf Jahre – die laufende Legislaturperiode | |
nämlich – waren lediglich Vor- beziehungsweise Leerlauf, geschuldet | |
offenbar der Tatsache, dass die Senatsverkehrsverwaltung mehr als genug | |
damit zu tun hatte, die Anforderungen des Mobilitätsgesetzes zu erfüllen. | |
Das ließ sich beispielsweise an der gesetzlich vorgeschriebenen Aufstellung | |
des Radverkehrsplans ablesen, der auch gerade erst, mehr als ein Jahr nach | |
Fristende, fertig geworden ist. | |
Insofern sind es netto dann doch nur 10 oder 11 Jahre, die ins Land gehen | |
werden, bis die neuen Linden fertig sind (die Straße, nicht die heute zum | |
großen Teil stark geschädigten Bäume darauf, das ist ein anderes Thema). | |
Für LaiInnen ist das kaum nachvollziehbar. Fragt man hingegen Leute mit | |
Verwaltungserfahrung, ergibt diese grotesk anmutende Zeitspanne schon etwas | |
mehr Sinn. | |
Denn die Mühlen der Planung mahlen in Deutschland einfach ungeheuer träge, | |
und umso träger, je mehr AkteurInnen an einem Projekt beteiligt werden | |
müssen. Vorplanung, Bauplanung, Planfeststellung, Ausführungsplanung, man | |
macht sich gar keine Vorstellung davon. Erschwerend kommt hinzu, dass der | |
Bund vorerst noch seine Hand auf den Linden hat, weil es sich um eine | |
Bundesstraße handelt. Dann könnte es noch zu Klagen kommen, und dann soll | |
es wie gesagt ja auch noch gut werden … | |
Wie das angesichts solcher zähen Abläufe mit dem Klimawandel klappen soll? | |
Da wird einem ganz schwindelig. Jetzt kommt es jedenfalls erst mal darauf | |
an, die BürgerInnenbeteiligung zu einem Erfolg zu machen. Vielleicht lässt | |
sich ja mit viel Druck doch noch erreichen, dass die Linden am Ende | |
weitgehend autofrei sind. | |
In der Verkehrsverwaltung stellt man sich bislang immer noch eine Lösung | |
mit zulässigem Anliegerverkehr vor. Und Anlieger, kein Witz, ist in | |
Deutschland im Prinzip immer noch, wer ein Anliegen hat. Also quasi jedeR. | |
11 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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