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# taz.de -- taz-Autor:innen und die Wahl: Ey, Mann, echt jetzt, spinnst du!
> Im heimeligen Berliner Späti und auf dem partiell hippen Neuköllner
> Trottoir sind die Wahlentscheidungen bereits gefallen. Eindrücke unserer
> Autorin.
Bild: Hellblau mit einem Stich ins Trostlose
Wer hat’s gesagt? Gerne wüsste ich in diesem Moment, welchem der beiden
Youngster ich welche Parteienpräferenz zuschanzen kann, die sie da gerade –
„Ey, Mann, Alter, echt, ey“ – äußern. Allein die beiden verdeckt ein gu…
alter Zeitungsständer mit Printprodukten, hier im heimeligen Berliner
Spätkauf meiner Präferenz namens „Heim Getränke“. Ich also draußen auf …
partiell hippen Neuköllner Trottoir, gewählt habe ich schon; der
„Wahlbrief“ ist bereits im Postbriefkasten meines Vertrauens gelandet.
Auf der Rückseite des Briefs steht traditionell eines meiner allzeit und
stets verschraubten Lieblingswörter: „Sodann“. Da heißt es nämlich: „In
diesen Wahlbriefumschlag müssen Sie einlegen: 1. den Wahlschein und 2. den
verschlossenen blauen Stimmzettelumschlag mit allen darin befindlichen
Stimmzetteln. Sodann den Wahlbriefumschlag zukleben.“ Schockschwere Not! Wo
war bloß der Wahlschein hingekommen, damit ich ihn „sodann“ in dieses
behördliche Etwas einlegen konnte? Ach da. Es ist dann noch mal gutgegangen
mit mir und der Briefwahl.
## Ein bisschen Spaß muss sein
Die Farbe des Wahlbriefs, hellblau mit einem Stich ins Trostlose, erinnert
mich an meine ersten Schuljahre Mitte der 1970er Jahre. Damals wurden
Arbeitsblätter noch per Matrize angefertigt, sie kamen schrill rosa,
hellgrün oder violett daher. Schule war und ist schon seltsam.
Wählen auch. Wenigstens die zwei Youngster und ich haben uns bereits
entschieden, „Ey, Mann, Alter, ey, weißt du, ich wähl AfD, weißt du“, sa…
der eine vom Zeitungsständer Verdeckte zum anderen. – „Ey, Mann, echt
jetzt, spinnst du, oder was ey, ich wähl die Linke!“ Danach beharken sich
beide noch ein wenig und recht lautmalerisch durch ihre talibanesk
getrimmten Rauschebärte, wie ich beim Betreten des Kiosk erleben darf. So
mit: „Echt jetzt, haalloo!“ Ich investiere zwei Euro in eine Ausgabe der
Poschardt-Postille Die Welt. Die Zeile „Intellektuelle wollen Union und FDP
das Denken lehren“ auf dem Titel finde ich dann doch so lustig, dass ich
eine Münze in den Springer’schen Klingelbeutel fallen lasse.
„Konservative und Liberale bereiten Gründung einer Denkfabrik als
Gegengewicht zu Rot-Grün vor“, droht der Ex-tazler, der wortweltgewaltige
Robin Alexander darin an; Vordenkerin soll keine geringere Intellektuelle
als die ehemalige CDU-Bundesfamilienministerin Kristina „Schnarch“ Schröder
sein, die heute als Anwältin praktiziert. Die Vorstellung, wie Kristina
Schröder dann Friedrich „Aufschneider“ Merz in ihrer nigelnagelneuen
Denkfabrik „das Denken“ lehrt, amüsiert mich noch zutiefst, als ich schon
längst hoch oben bei mir zu Hause angekommen bin.
Was ich gewählt habe? Ey, Mann, echt jetzt? Sodann! Im Bund Grün/Grün, in
Berlin Grün/links, im Bezirk Neukölln Die Partei. Ein bisschen Spaß muss
sein.
15 Sep 2021
## AUTOREN
Harriet Wolff
## TAGS
Briefwahl
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Berlin-Neukölln
Grüne Berlin
Kanzlerkandidatur
IAA
Kolumne Die Wahrheit
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