# taz.de -- taz-Autor:innen und die Wahl: Wahlplakate! Politik! Liefert! | |
> Es heißt doch immer, die wichtigen Entscheidungen, passieren vor der | |
> Haustür. Nix da, jedenfalls nicht in Tempelhof-Schöneberg zu Berlin. | |
Bild: Die SPD hat Herz: schlauer wird man aus dem Wahlplakat nicht | |
In Berlin sind dieses Jahr sechs Kreuze zu setzen: Neben dem Volksentscheid | |
über die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne stehen Bundestag, | |
[1][Abgeordnetenhaus] und Bezirksverordnetenversammlung zur Wahl. Während | |
meine Wahl bei Bundestag und Abgeordnetenhaus schon lange feststeht – Die | |
Linke –, bereitet mir die eine Stimme bei der Bezirkswahl Kopfschmerzen. | |
Es heißt doch immer, die wirklich wichtigen Entscheidungen, die passieren | |
vor der Haustür. Auf kommunaler Ebene, da würde Politik erst wirklich | |
spürbar. Ich wohne im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Hier regierte | |
in den letzten fünf Jahren eine SPD-Bezirksbürgermeisterin, die sich ganz | |
und gar auf eine rot-grüne Zählgemeinschaft stützte. [2][Die SPD bewachte | |
das Geld, die Grünen zeichneten für Ordnung, Bauen und Verkehr | |
verantwortlich.] | |
Theoretisch keine schlechte Ausgangslage für progressivere Politik. | |
Theoretisch. In der Realität mauschelte man sich aber in dem im Stadtteil | |
Schöneberg gelegenen Rathaus – vor dem einst John F. Kennedy sprach – vor | |
allem irgendwie durch. Stillstandsmanagement statt Gestaltung für die | |
Zukunft. | |
## Halbgarer Unsinn | |
Verkehrswende, Wohnungskrise, Klimakrise – für die Zählgemeinschaft | |
scheinbar Themen aus einer anderen Welt. Wenn diesbezüglich überhaupt etwas | |
passierte, war es halbgarer Unsinn. Dafür wurde das Ordnungsamt von der | |
Leine gelassen, um gegen Hunde, Spätis und Darkrooms vorzugehen. Nach fünf | |
rot-grünen Jahren mieft es ausgerechnet in jenem Bezirk penetrant nach | |
Regression und Kleinbürgertum, der das Tempelhofer Feld und den | |
Regenbogenkiez beheimatet. Grüne und SPD – keine Option. | |
Leider sieht es bei der Opposition ähnlich trist aus. Im harten Kontrast | |
zur Linken auf Landesebene präsentiert sich der Schöneberger Bezirksverband | |
der Linken als Ansammlung kleinmütiger Altlinker ohne Realitätsbezug. | |
Derweil geben sich CDU und FDP, nicht dass die beiden eine ernsthafte Wahl | |
wären, viel Mühe, ihren Markenkern des blanken Opportunismus zu pflegen. | |
Würde ich [3][in Kreuzberg] wohnen, meine Stimme ginge an die Grünen, denn | |
Kreuzbergs Grüne haben gemacht, wofür sie gewählt wurden, und sich weder | |
vom Geschrei der Konservativen noch von Drohkulissen großer „Investoren“ | |
schrecken lassen. Dafür verdienen sie es in meinen Augen, wiedergewählt zu | |
werden. Aber: Ich wohne nicht in Kreuzberg. | |
Wenn ich derzeit durch meinen Kiez laufe, betrachte ich die Wahlplakate zum | |
ersten Mal intensiv. Ich fordere sie geradezu auf, mir irgendeinen | |
Anhaltspunkt zu liefern, warum ich diese oder jene Partei erwägen sollte. | |
Allein, die Plakate liefern so gar nicht. Ausgerechnet zu Hause bin ich so | |
kurz vor der Wahl politisch heimatlos. | |
16 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Manuel Schubert | |
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