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# taz.de -- Fotografie-Ausstellung in Grimma: „Provinz“ im besten Sinne
> Am Zaun des Polizeireviers Grimma hängen Werke des Fotografen Bernhard
> Weber. Sie zeigen eine Wahrhaftigkeit, die manchen Medien fehlt.
Bild: Ralf (Felix Kramer) studiert den Fahrplan und Johannes (Ronald Zehrfeld) …
[1][“Warten auf’n Bus“] ist eines der wunderbarsten Fernsehformate der
letzten Zeit. Es zeigt, wie banal und philosophisch die Frage nach
Stadtaffe und Landei verhandelt werden kann. Und das immer mit einem
zutiefst menschlichen Blick auf den stinknormalen Alltag und seine
Protagonist*innen.
Wer diesen Sommer in der sächsischen Kleinstadt Grimma unterwegs ist,
rasselt völlig unerwartet an der Bushaltestelle Köhlerstraße in ein ganz
ähnliches Erlebnis. Denn mitten an der Straße hängen am langen Zaun rund um
das ziemlich große Polizeirevier Fotos von Bernhard Weber. „Der
Provinzfotograf, der die Zeit im Bild anhält“, hat die Lokalzeitung über
Weber geschrieben. Wobei Provinz hier ausdrücklich positiv gemeint ist.
Denn auf den Fotos aus sechs Jahrzehnten ist zu sehen, was woanders oft
fehlt.
Sie zeigen lebensnah den Alltag auf dem Land und in den Dörfern, manchmal
auch in der großen Stadt Leipzig. Wobei Webers Blick immer für die Menschen
da ist. Die Aufnahme der strickenden Wirtin in einer Dorfkneipe von früher,
die nur aus ein paar hölzernen Bierkisten und dem zu DDR-Zeiten
obligatorischen Schild „Kein Ausschank von Alkohol an Kraftfahrer“ besteht.
Als Pop-up-Bar wäre das heute der hippe Scheiß. „Volkspolizei blitzt“,
vermutlich aus den 80er Jahren, ist so ein anderes Bild. Mit einem klobigen
Kasten, so groß wie eine Mikrowelle sitzt ein Polizist hinter der Mauer
und sieht zu, wie ein Kleinlaster in die Falle fährt.
## Friseurbesuch und Polizeigewalt
Mehr noch als diese heiter-ironischen Bilder sind es die Aufnahmen, die
Weber von ganz normalen Menschen gemacht hat, die gerade in Schwarz-Weiß
eine packende Authentizität verströmen.
„Was soll der lange Satz?“, sagt die Mitbewohnerin. „Die Botschaft ist
Wahrhaftigkeit!“ Da sind Bäuer*innen, Brigadefeiern, Schüler*innen an
der Tafel, Rentner*innen beim Frisör und Menschen beim Volksfest. Da
sind die Bilder der Wende, der Abzug der russischen Truppen 1992 und
natürlich die Hochwasser von 2002 und 2013. Aktiv ist der 1940 geborene
Weber immer noch. Aus dem letzten Jahr gibt es Aufnahmen vom Protest gegen
einen Auftritt von Björn Höcke in [2][Grimma]. Darauf ist zu sehen, wie die
Polizei gegen Demonstrant*innen vorgeht. Alles schön am Polizeizaun in
Grimma noch bis in den Oktober hinein zu sehen.
Viele Menschen hadern heute mit „den Medien“, weil sie sich und ihren
Alltag darin nicht wiederfinden. „Vielleicht wird die Lebenswirklichkeit
der Menschen in den Medien nicht richtig dargestellt, weil sie zu sachlich
berichten“, meint die Mitbewohnerin.
Und natürlich gibt es am Zaun auch das Bild einer Bushaltestelle, dieser
(O-Ton „Warten auf’n Bus“) „verdammten Schnittstelle zwischen Pampa und
intelligentem Leben“.
22 Aug 2021
## LINKS
[1] /RBB-Serie-Warten-aufn-Bus/!5675496
[2] /Organisator-von-Dorf-der-Jugend/!5584912
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
Kolumne Flimmern und Rauschen
Schwerpunkt Ostdeutschland
Medien
Fotografie
Film
Fernsehserie
Schwerpunkt Landtagswahlen
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