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# taz.de -- Flucht vor den Taliban: Zarifa Ghafari ist in Deutschland
> Die Frauenrechtlerin war die jüngste Bürgermeisterin Afghanistans. Nach
> ihrer Ankunft in Köln-Bonn traf sie NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.
Bild: Zarifa Ghafari spricht im März 2020 bei einer Preisverleihung für coura…
Berlin taz | Sie ist, oder besser gesagt, war Afghanistans jüngste und wohl
auch bekannteste Bürgermeisterin. Nur wenige Frauen überhaupt stehen am
Hindukusch einer Kommune vor, was jetzt unter den Taliban vorbei sein
dürfte. Aber Zarifa Ghafari, die 2018 im Alter von 26 Jahren zur
Bürgermeisterin der Provinzhauptstadt Maidanschahr vor den Toren Kabuls
ernannt wurde, ist eine Ausnahmeerscheinung.
Die paschtunische Frauenrechtlerin soll unter 138 Bewerbern die einzige
Frau gewesen sein und wurde dann wegen ihrer Qualifikation – sie hatte in
Indien Wirtschaftswissenschaft studiert – für den Führungsposten der
35.000-Einwohner-Stadt ausgewählt. Zuvor hatte sie schon eine
Frauenorganisation und einen Radiosender gegründet, der sich besonders an
junge Hörerinnen wandte.
Doch als Ghafari den Bürgermeisterjob antreten wollte, blockierten Männer
ihren Amtssitz. Im zweiten Anlauf hatten Bewaffnete ihr Büro besetzt. Erst
mit mehrmonatiger Verzögerung konnte sie schließlich anfangen, wohnte aber
aus Sicherheitsgründen weiter in Kabul. Ihr Mut, den permanenten Drohungen
zu trotzen und sich für Frauen einzusetzen, machte sie über Afghanistan
hinaus bekannt und trug ihr mehrere internationale Auszeichnungen ein, etwa
von der britischen BBC oder auch dem US-Außenministerium.
Zuletzt bekam sie noch im Juli von der deutschen
[1][Ingrid-zu-Solms-Stiftung] (Motto: „Für Frauen mit Elitepotential“)
deren Menschenrechtspreis verliehen. Damals wurde Ghafari per Video zur
Verleihung zugeschaltet. Sie ist zweifellos eine beeindruckende
Vorzeigefrau, mit der sich auch Konservative gern schmücken.
## Ghafari geriet samt Familie in Lebensgefahr
Mit dem Vormarsch der Taliban, die bald auch ihre Provinz Wardak
übernahmen, geriet Ghafari samt Familie immer mehr in Lebensgefahr und
musste im Juni ihr Amt aufgeben. „Ich warte drauf, dass sie kommen und mich
töten“, sagte sie einer Zeitung. Im letzten November war bereits ihr Vater,
ein Offizier, getötet worden, der sie stets gefördert hatte. Sie selbst
überlebte mehrere Anschläge. Obwohl sie eigentlich nicht fliehen wollte,
entschied sie sich mit ihrer Familie in der vergangenen Woche dann doch zu
diesem Schritt.
Medienberichten zufolge spielte die Frankfurter Ärztin und Mäzenin Ingrid
Gräfin zu Solms-Wildenfels, die einen direkten Draht zu
Bundesverteidigungsminsterin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte, eine
zentrale Rolle bei der Organisierung der Flucht. Über Islamabad und
Istanbul konnte Ghafari mit mehreren Angehörigen am Montag den Flughafen
Köln/Bonn erreichen.
Danach traf sie gleich den wahlkämpfenden Ministerpräsidenten
Nordrhein-Westfalens und Unions-Kanzlerkandidaten Armin [2][Laschet] in
Düsseldorf. Der bezeichnete sie als „eine der engagiertesten Frauen
Afghanistans“. Deutschland müsse in den nächsten Tagen noch so vielen
Frauen wie möglich helfen, Afghanistan zu verlassen, so Laschet. Ghafari
bedankte sich bei der deutschen Regierung und betonte, sie und ihre Familie
seien nicht als Migranten in Deutschland.
25 Aug 2021
## LINKS
[1] https://www.ingrid-zu-solms-stiftung.de/
[2] /Vor-dem-G7-Krisengipfel-zu-Afghanistan/!5795171
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
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