| # taz.de -- Demo der Exilafghan:innen in Hamburg: Wer hat das Sagen? | |
| > Hamburg ist der größte Ballungsraum für Exilafghan:innen in ganz | |
| > Europa. Bei einer Demo am Jungfernstieg zeigte sich, wie uneins die | |
| > Community ist. | |
| Bild: Viele unterschiedliche Meinungen: Afghan:innen beim Protest am Sonntag in… | |
| Hamburg taz | „Nein zum Taliban-Regime in Afghanistan“, steht auf einem | |
| Banner, „Luftbrücke jetzt!“, auf einem Plakat. In Hamburg haben sich am | |
| Sonntagnachmittag nach Angaben von Veranstalter:innen und Polizei rund | |
| 3.000 Menschen am Jungfernstieg versammelt. Es ist eine der größten | |
| Kundgebungen der Seebrücke, die [1][in vielen Städten zu Protesten | |
| aufgerufen hat.] | |
| Die Demonstrant:innen fordern, Abschiebungen nach Afghanistan dauerhaft | |
| auszusetzen und sichere Fluchtwege und Bleiberecht zu ermöglichen. Alske | |
| Freter, Bürgerschaftsabgeordnete der Grünen, verlangt in einer Rede ein | |
| sofortiges, entschlosseneres Handeln der Bundesregierung und kritisiert | |
| Aussagen wie [2][„2015 darf sich nicht wiederholen“]. Eine Übersetzerin, | |
| die für die Bundeswehr gearbeitet hat, berichtet von Ortskräften, die | |
| gerade noch in Afghanistan ausharren. | |
| Neben linken Aktivist:innen sind auch viele Vertreter:innen der | |
| afghanischen Community gekommen. Flaggen wehen im Wind, Sprechchöre auf | |
| Dari, der Muttersprache vieler Afghan:innen, tönen durch die Menge. Auch | |
| einige Redebeiträge, die über die Lautsprecher zu hören sind, werden nur | |
| auf Dari gehalten. Viele Teilnehmende und auch Organisator:innen der | |
| Seebrücke verstehen also nicht, was gesagt wird, klatschen aber dennoch aus | |
| Solidarität. | |
| Doch immer wieder werden die Beiträge von Rufen aus der Menge übertönt. | |
| Menschen ergreifen auch spontan das Mikrofon. Hinterher erzählt eine | |
| Teilnehmerin, die anonym bleiben möchte, am Telefon, dass immer wieder | |
| Sprüche wie „Tod dem Präsidenten“ oder „Tod Pakistan“ gerufen worden … | |
| Sie und andere hätten sich auf der Demonstration nicht repräsentiert | |
| gefühlt. Die Demo sei „dominiert von Anhängern der Nordallianz“ gewesen, | |
| sagt die Studentin mit „afghanischem Background“, wie sie sich selbst | |
| beschreibt. Die Nordallianz ist eine Widerstandsbewegung, die in der | |
| Vergangenheit bewaffnet gegen die Taliban vorgegangen ist. Sie ist | |
| allerdings, wie viele Akteur:innen in dem Konflikt, auch stark | |
| umstritten. | |
| Die Wut der Betroffenen könne sie verstehen, aber nicht, dass einzelne | |
| Interessen bei einer solchen Demonstration so viel Raum einnähmen. Viele | |
| Exil-Afghan:innen unterstützten diese Interessen nicht. Einer Verwandten, | |
| die einen versöhnenden Ton angeschlagen und zur Einheit aufgerufen habe, | |
| hätten andere Demonstrant:innen das Mikro entrissen. „Die Atmosphäre | |
| war plötzlich sehr gewaltvoll“, sagt die Studentin. Sie sei dann schnell | |
| aus der Menge gewichen. | |
| Die Polizei bestätigt, dass es „offenbar zu Streitigkeiten“ gekommen sei, | |
| „in deren Kontext auch das Mikrofon durch eine unbekannt gebliebene Person | |
| zerstört worden ist“. Ob damit derselbe Vorfall gemeint ist, ist unklar. | |
| Die Kundgebung sei „grundsätzlich friedlich“ verlaufen. | |
| Die Studentin unterstützt die Arbeit der Seebrücke. Deswegen sei sie bei | |
| der Demonstration gewesen. „Bei einer Organisation wie der Seebrücke | |
| erwarte ich aber, dass sie sich damit auseinandersetzt, wer auf einer | |
| solchen Kundgebung Sprechanteile erhält und repräsentiert wird“, fordert | |
| sie. | |
| Christoph Kleine, Sprecher der Seebrücke Hamburg, sagt hingegen, es sei | |
| „nicht die Rolle von deutschen Mitveranstalter*innen, sich alle Äußerungen | |
| aus der sehr vielfältigen afghanischen Community vorher vorlegen zu | |
| lassen“. Die Kundgebung sei mit lokalen antifaschistischen Afghan:innen | |
| organisiert und von einer Privatperson angemeldet worden. „Wenn es auf der | |
| Kundgebung Äußerungen gegeben hat, die „Tod für Pakistan“ oder ähnliches | |
| gefordert haben, dann lehnen wir diese ab“, sagt Kleine. Die Seebrücke | |
| stehe dafür, „Menschenleben zu schützen und zu retten“. | |
| Kleine zieht eine positive Bilanz: „Wir konnten ein starkes Zeichen setzen: | |
| Gegen die Taliban und ihren Terror – und gegen die Schande der | |
| Bundesregierung, die durch die Verzögerung der Evakuierung Menschenleben | |
| auf dem Gewissen hat.“ | |
| 24 Aug 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Sarah Zaheer | |
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