# taz.de -- Proteste für Evakuierung aus Afghanistan: Merkel und Söder helfen… | |
> Hätten Politiker*innen zugehört, wäre die Lage in Afghanistan nicht | |
> so dramatisch, kritisieren Demonstrierende. | |
Bild: Protest in Berlin vor dem Auswärtigen Amt | |
BERLIN taz | Die Straße vor dem Bundeskanzleramt in Berlin ist gesäumt von | |
Lkws eines großen Möbelhauses. Ein ironischer Anblick, wenn man bedenkt, | |
dass die Menschenmenge daneben gerade dafür demonstriert, dass Menschen aus | |
ihrer Heimat evakuiert werden und in Deutschland Asyl bekommen. | |
Rund 1.200 Menschen sind laut Polizeischätzungen an diesem Tag in Berlin | |
vor dem Kanzleramt zusammengekommen, um die Evakuierung von [1][gefährdeten | |
Personen aus Afghanistan] zu fordern, per Luftbrücke. In ganz Deutschland | |
hatte es dazu in der vergangenen Woche Demonstrationen gegeben, allein am | |
Samstag in 20 Städten, so eine Sprecherin der zivilgesellschaftlichen | |
Bewegung Seebrücke. Im Bündnis mit weiteren Organisationen wie etwa | |
Migrantifa und dem Berliner afghanischen Kommunikations- und Kulturzentrum | |
hatte Seebrücke zu der Demonstration aufgerufen. | |
Die zentrale Forderung des Bündnisses ist eine Luftbrücke für die Menschen, | |
die in Afghanistan gefährdet sind. Dass die Bundesregierung Ortskräfte und | |
gefährdete Personengruppen wie Menschenrechtler*innen oder | |
Journalist*innen unbürokratisch und schnell evakuiert, ist bisher nur | |
zum Teil geschehen. Über 2.130 Personen hat die Bundeswehr zwar inzwischen | |
aus Kabul ausgeflogen, aber Tausende sind noch im Land. | |
„Wir haben schon im Mai gefordert, dass die Ortskräfte ausgeflogen werden | |
sollen“, sagt Sayed Madi-Hosaini. Er ist Mitglied im afghanischen | |
Kommunikations- und Kulturverein und Teil des Organisationsbündnisses. | |
Deutschland habe viel zu spät reagiert: „Wenn die Politiker*innen der | |
Zivilgesellschaft zugehört hätten, hätten wir jetzt diese Situation nicht.“ | |
## Keine Nachrichten von Bruder und Onkel | |
Auch Kia hat kein Verständnis für die deutsche Politik. Die Demobesucherin | |
kann nicht nachvollziehen, warum die deutsche Politik von der | |
Machtübernahme der Taliban so überrascht wurde: „Das war doch vollkommen | |
klar! Aber wer jetzt sagt, dass die afghanische Gesellschaft und das | |
Militär hätten kämpfen sollen – nein!“, sagt sie wütend. „Dann wären… | |
mehr Menschen gestorben!“ | |
Allein am Flughafen von Kabul wurden am Wochenende sieben Menschen getötet. | |
Die Situation ist seit Tagen chaotisch. Simin, eine Sprecherin der | |
Migrantifa, die ihren Nachnamen lieber nicht nennen will, kritisiert, dass | |
die Bundesregierung in Afghanistan nicht genug tue: „Die Bundesregierung | |
hat zwar ein Zugeständnis gemacht, aber das wird vor Ort nicht gespiegelt.“ | |
Es gebe etwa keine sicheren Fluchtwege zum Flughafen. Abgesehen von den | |
Evakuierungen aus Kabul, die seit vergangener Woche passieren, fordert sie | |
ein Programm für die Afghan*innen, die bereits in die Nachbarländer | |
Afghanistans geflüchtet sind: „Da stecken die Leute fest.“ | |
Die Familie von Mortaza Mirzaie hat es noch nicht in diese Länder | |
geschafft, geschweige denn nach Deutschland. Der Afghane lebt seit 2015 in | |
München. Gerade macht er eigentlich Urlaub in Berlin, aber der Urlaub sei | |
schrecklich, sagt er. | |
Mirzaie versucht seit Tagen, seine Verlobte und seine Geschwister nach | |
Deutschland zu holen. Er holt sein Handy heraus und zeigt eine E-Mail, die | |
er an eine Diplomatenadresse, vermutlich vom Auswärtigen Amt, geschickt | |
hat. Da erklärt er seine Situation. „Ich habe keine Antwort bekommen. | |
Merkel und Söder haben gesagt, sie helfen, wenn man Familie in Afghanistan | |
hat“, sagt er. Doch: nichts. „Ich weiß nicht, was ich machen soll.“ Sein | |
Onkel und sein Bruder meldeten sich gerade nicht mehr zurück. Ob es ihnen | |
gut gehe, wisse er nicht. | |
22 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Cristina Plett | |
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