# taz.de -- Mehr Geld für Berlins Bibliotheken: Bollwerke gegen den Populismus | |
> Die Kulturpolitik hat über ein neues Bibliothekengesetz beraten. Es soll | |
> mehr Geld geben, viel mehr Geld. Das ist schön. Doch eine bleibt ein | |
> „aber“. | |
Bild: Zwischen Bücherregalen in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin in Be… | |
Das werden einige kennen: Die Chancen auf einen Arbeitsplatz stehen gleich | |
null. Der neue, interessante Sachbuchtitel, über den gerade alle reden? | |
Seit Anschaffung nonstop verliehen. Und eine Auskunft darüber, wo das Buch | |
abgeblieben sein könnte, das angeblich nicht verliehen, aber trotzdem | |
unauffindbar ist: vielleicht übermorgen. | |
Von den Großen bis zu den [1][Kleinen] sind Berlins Bibliotheken seit | |
Jahrzehnten notorisch unterversorgt. Darum ist es überfällig, dass die | |
Berliner Kulturpolitik in dieser Woche über ein neues Bibliothekengesetz | |
beraten hat. Zusätzlich 37,9 Millionen Euro – jährlich – möchte die Stadt | |
nach Stand der Dinge für ihre Bibliotheken in die Hand nehmen. | |
Die Betonung liegt allerdings leider auf Stand der Dinge, denn im | |
Augenblick weiß niemand ganz genau, welche Löcher die Pandemie noch in die | |
Budgets reißen wird. Außerdem stehen die Wahlen vor der Tür und es gilt als | |
ziemlich ungewiss, ob ein*e andere*r Kultursenator*in im selben Maße | |
für die Bibliotheken brennen würde wie Klaus Lederer von den Linken. | |
## Größer und bunter geworden | |
Dabei ist es höchste Zeit, dass die Stadt mehr Geld in die Bibliotheken | |
steckt, denn Berlin hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die | |
Stadt ist größer und bunter geworden – und anders als erwartet zieht es die | |
Menschen nicht nur trotz ihrer Smartphones und digitalen Überdrusses in die | |
Bibliotheken, sondern teils gerade wegen der neuen Technik. | |
Viele Bibliothekar*innen berichten, dass sie sich gar nicht vor | |
Anfragen retten können von alten Menschen, die das Internet erklärt | |
bekommen möchten, und auch von jungen Menschen, die sich sofort in die | |
Warteliste eintragen lassen würden, wenn es in der Bibliothek ihrer Wahl | |
endlich Programmierkurse gäbe. | |
Man braucht nur in andere europäische Länder zu blicken, um zu sehen, | |
welche Bedeutung Bibliotheken für die Stadtgesellschaft bekommen können, | |
wenn sie über mehr Raum, Personal und Medienbudgets verfügen. | |
In der 2020 fertiggestellten [2][Deichman-Bibliothek in Oslo] können | |
Besucher*innen Computerspiele spielen, im Minikino Filme gucken, es | |
gibt ein Tonstudio, Nähmaschinen, 3D-Drucker und diverse Werkzeuge zum | |
kostenfreien Gebrauch. Die 2018 eröffnete [3][Bibliothek Oodi in Helsinki] | |
bietet Medienräume, einen Saal mit intelligenten Wänden und sogar eine | |
Sauna. Und in London werden die Stadtteilbibliotheken schon seit knapp 20 | |
Jahren durch „Idea Stores“ inklusive Hausaufgabenbetreuung, Fernstudium, | |
Erwachsenenbildung und Gastronomie ersetzt. | |
So etwas ist von unschätzbarem Wert für die Stadtgesellschaft in einer | |
Zeit, wo der Raum knapper wird und wo sich zunehmend Menschen die Welt, wie | |
sie ihnen gefällt, aus dem Netz zusammenklauben. Insofern ist es gut, dass | |
die Berliner Politik zumindest schon mal erkannt hat, dass Bibliotheken | |
längst keine staubigen Bücherkisten mehr sind. | |
14 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Escape-Game-von-Bibliothekarinnen/!5747265 | |
[2] https://www.visitoslo.com/de/ihr-oslo/oslos-neue-architektur/ausblick/deich… | |
[3] https://www.oodihelsinki.fi/en/ | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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