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# taz.de -- Ausgedachtes Interview mit Jens Spahn: „Am besten Villa mit Lande…
> Wir Menschen mit Pflegebedarf haben Fragen an Jens Spahn. Er hatte nur
> leider keine Zeit. Wir haben trotzdem mit ihm gesprochen. Ein
> ausgedachtes Interview.
Bild: Ach Jens!
Ach Jens, jetzt ist deine Zeit als Gesundheitsminister schon bald vorbei,
und wir haben uns noch nie persönlich getroffen. Schade, denn ich habe so
viele Fragen. Du kannst uns nicht einfach ratlos zurücklassen, mich und die
Inklusions-Community – Menschen mit Pflege- und Assistenzbedarf, behinderte
Menschen.
Deshalb hat die taz dich zum Gespräch angefragt. [1][Du hattest leider
keine Zeit für Interviews]. Nach deiner Absage habe ich meine Fragen
aufgeschrieben und mir einfach ausgedacht, wie das Gespräch hätte laufen
können.
Ich hoffe sehr, dir gerecht zu werden.
taz: Herr Spahn, wie bewerten Sie die Situation in der Pflege? Wie hat sie
sich während Ihrer Amtszeit entwickelt?
Jens Spahn: Ich wurde 2018 Gesundheitsminister. Unter meinem Vorgänger
Gröhe hatte sich der Mangel an Pflegepersonal in unseren Krankenhäusern und
Pflegeeinrichtungen schon zugespitzt. Wir suchten nach Gründen – und fanden
heraus, dass die Pflege einen schlechten Ruf hat. Sogar als uncool gilt!
Also haben wir gehandelt. Und das Image ist schon viel besser geworden.
Ach so?
Leute haben doch von den Balkonen applaudiert. Von den Balkonen!
Da hat Ihnen die Coronapandemie geholfen.
Ja, und die Kollegin Giffey aus dem Familienministerium mit ihrer tollen
[2][Medienkampagne „Ehrenpflegas“]. Hab Sie die gesehen? Mit diesen jungen,
coolen Leuten, die Pflege als Beruf kennenlernen? Hinreißend. Ist natürlich
softe Politik, bei mir geht’s eher um die knallharten Themen.
Wie zum Beispiel Pflegegesetze? Wie zum Beispiel die Frage, wo Menschen mit
Behinderung leben sollen – zu Hause oder im Heim?
Genau. Wie wir Menschen in unsere wunderbaren, professionellen
Pflegeeinrichtungen bekommen. Anstatt zu Hause, wo es für mich leicht
unübersichtlich wird.
Menschen mit Pflege- und Assistenzbedarf werfen Ihnen vor, dass Ihre
Gesetzgebung der letzten Legislatur viele zwingen wird, ins Heim gehen zu
müssen statt zu Hause leben zu können. Ihr jüngstes
[3][Intensivpflegestärkungsgesetz (IPReG)] verschärft diesen Trend. Ging es
da um den Schutz der Patientinnen und Patienten oder ums Finanzielle?
Nun, das IPReG ist entstanden, weil ja viele Pflegedienste
minderqualifiziertes Personal zum Preis einer Fachkraft abgerechnet haben.
Wenn ich eine Hilfskraft einsetze, darf ich keine Fachkraft abrechnen. Das
ist Betrug! Hilfspersonal darf hier gar nicht eingesetzt werden, vor allem
dann nicht, wenn eine Beatmung notwendig ist. Wir stellen uns da natürlich
die Frage, wie wir das ganze Schlamassel einfach und kostengünstig lösen
können. Pflegeeinrichtungen gibt es in Deutschland genügend. Wenn wir das
Personal aus der ambulanten Intensivpflege in unsere stationären
Einrichtungen bekommen, dann können wir dubiose Machenschaften verhindern.
Und haben nebenbei auch den Fachkräftemangel gelöst.
Und was ist mit der Selbstbestimmung der Menschen, die Sie aus einem
funktionierenden Leben, aus ihrer Familie und oftmals sogar aus ihrer
Arbeit herausreißen, um sie kostengünstig in einer Pflegeeinrichtung
unterzubringen?
Wir müssen immer die Umstände betrachten. Selbstbestimmung geht auch in
einem Pflegeheim. Sicher gibt es dort Bedingungen, an die sich jede
Bewohnerin und jeder Bewohner halten muss, aber dazwischen kann man schon
auch mal eine halbe Stunde spazieren gehen. Es steht aus wirtschaftlicher
Sicht in keiner Relation, dass eine pflegebedürftige Person mit Beatmung
sieben bis neun Pflegefachkräfte an sich bindet. Das können wir der
Gesellschaft so nicht zumuten. Diese Fachkräfte fehlen ja an anderer
Stelle!
Das jetzt beschlossene Gesetz sieht vor, dass ambulante Pflege zu Hause auf
Wunsch möglich ist, wenn die medizinische und pflegerische Versorgung
sichergestellt werden kann. Ein guter Freund von mir möchte dafür vorsorgen
und sich eine Villa wie Ihre kaufen. Er ist 30 Jahre alt, Doktorand der
Mathematik und lebt selbstbestimmt in einer Wohnung. Außerdem ist er
dauerhaft auf Beatmung angewiesen. Er möchte wissen, ob Sie einen
ultimativen Tipp für ihn haben?
Damit er laut IPReG dort wohnen bleiben kann, muss dieses Haus einige
Anforderungen erfüllen. Wenn er eine Villa findet, die einen
Hubschrauberlandeplatz hat, damit er im Notfall in die Klinik geflogen
werden kann, soll er sie gerne kaufen. Im Anschluss wird dann der
Medizinische Dienst seinen Einzelfall, gemäß der neuen Richtlinien,
bewerten und sicherlich einen anderen Grund finden, weshalb seine
Versorgung in diesem Haus nicht dauerhaft sichergestellt werden kann.
Was ist das Geheimnis hinter Ihrem guten Image?
Es gibt so viele Menschen, die es in ihrem Leben sehr schwer haben. Deshalb
ist es mir eine Herzensangelegenheit, Charity-Events zu besuchen. So sehen
meine Parteifreund*innen für einen Schnäppchenpreis mein großes Herz.
Erlauben Sie mir noch eine kurze Frage zum Schluss, mit der Bitte um kurze
Antwort: Wen finden Sie unpassender im Amt: Jens Spahn oder Andreas
Scheuer?
Andreas Scheuer. Diese Antwort kann niemals falsch sein.
20 Aug 2021
## LINKS
[1] https://www.bunte.de/stars/star-life/stars-privat/jens-spahn-kinderwunsch-i…
[2] /Miniserie-Ehrenpflegas/!5720060
[3] /Intensivpflegegesetz-im-Bundestag/!5692859
## AUTOREN
Laura Mench
## TAGS
Assistenz
Pflege
Jens Spahn
Leben mit Behinderung
Schwerpunkt Stadtland
IG
Verdi
Pflege
Leben mit Behinderung
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