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# taz.de -- Folgen der Klimakrise: Das unbezahlbare Gut
> Die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands zeigt: In der Klimakrise ist
> nicht das Geld knapp. Vielmehr mangelt es an ausreichend Handwerkern.
Bild: Bei der Bewältigung der Klimakrise braucht es keine PR-Berater – sonde…
Die Normalität ist zurück. Der Schock war nur kurz, den die Fluten [1][in
Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen ausgelöst haben]. Die Klimakrise
ist nicht das entscheidende Thema im Wahlkampf geworden, denn – so zynisch
es ist – die meisten Wähler wissen ganz genau, dass sie nicht direkt neben
einem Fluss leben, der über die Ufer treten könnte. Es gibt Mitleid mit den
Opfern, auch Hilfsbereitschaft, aber keine eigene Betroffenheit.
Trotzdem war die Flut mehr als ein lokales Ereignis, das vor Ort großes
Leid ausgelöst hat. In den vergangenen drei Wochen haben sich
Handlungsmuster herausgeschält, die Vorboten sind, wie künftig mit der
Klimakrise umgegangen werden dürfte. Manches ist absolut offensichtlich.
Dazu gehört, dass die Warnketten verbessert werden müssen. Nie wieder
dürfen mehr als 180 Menschen sterben, obwohl die Regenmassen genau
vorhergesagt waren.
Doch so zwingend Warnsysteme sind: Sie werden auch künftig nicht
verhindern, dass die Klimakrise enorme materielle Schäden hinterlässt. Das
jetzige Hochwasser wird allein in Nordrhein-Westfalen einen „zweistelligen
Milliardenbetrag“ kosten, wie die Landesregierung am Donnerstag schätzte.
In Rheinland-Pfalz dürften die Verwüstungen mindestens ebenso teuer sein.
Versichert ist davon nur ein Bruchteil: Die Versicherungskonzerne nehmen
derzeit an, dass sie etwa 5 Milliarden Euro an die Flutopfer im Westen
ausschütten werden.
## Flutkosten werden steigen
Die Frage ist also: Wer übernimmt den Rest? Ein Teil der Kosten wird
automatisch beim Staat landen, weil er dafür zuständig ist, die zerstörten
Straßen, Brücken und Bahntrassen wieder herzurichten. Doch die Schäden an
Häusern, Feldern, Weinbergen und Firmen sind damit noch nicht abgedeckt.
Die Kanzlerkandidaten erwecken den Eindruck, [2][als würde für die
Betroffenen umfassend gesorgt]. CDU-Chef Laschet versprach jüngst im
Flutgebiet: „Niemand soll sich zumindest wirtschaftlich Sorgen machen.“
SPD-Finanzminister Scholz versicherte: [3][„Was man mit Geld in Ordnung
bringen kann, das werden wir mit Geld in Ordnung bringen.“]
Diese Worte klingen nach Vollkasko-Versicherung, als würde der Staat alle
Kosten übernehmen – und so dürfte es wohl auch kommen. Über den geplanten
Wiederaufbaufonds wird zwar erst ab nächster Woche mit den
Ministerpräsidenten und im Kabinett verhandelt, aber ein instruktives
Beispiel ist [4][die Elbeflut vom Sommer 2002]. Damals lag der
Gesamtschaden in Deutschland bei rund 11,6 Milliarden Euro, von denen
ebenfalls nur ein kleiner Teil über Versicherungen abgedeckt war. Am Ende
stellten Bund, Länder, Gemeinden und EU etwa 10 Milliarden Euro zur
Verfügung, um unter anderem die betroffenen Hausbesitzer und Firmen zu
entschädigen.
Es ist richtig, den Flutopfern umfassend beizustehen. Schließlich haben sie
den Klimawandel nicht allein verursacht, der ihre Heimat nun zerstört hat.
Allerdings ist abzusehen, dass die Milliardensummen ständig steigen werden,
die an Klimaopfer ausgeschüttet werden müssen. Dürren, Hitzewellen,
Hagelstürme, Tornados und weitere Hochwasser werden sich künftig häufen.
Da taucht schnell die Frage auf, ob sich der Staat diese Milliardenkosten
noch leisten kann. Doch fehlende Mittel sind nicht das Problem, schließlich
kann Geld „aus dem Nichts“ geschöpft werden, indem der Staat Kredite
aufnimmt. Die eigentliche Schwierigkeit dürfte an einer Stelle auftauchen,
die bisher kaum diskutiert wird: Die Handwerker werden knapp. Denn es sind
ja nicht nur Klimaschäden zu beseitigen – vor allem muss auch die gesamte
Wirtschaft klimaneutral umgerüstet werden.
Doch bisher gibt es keinerlei Plan, woher die nötigen Fachleute kommen
sollen und wie man sie möglichst schnell ausbildet. Um es etwas polemisch
zuzuspitzen: Die Zukunft gehört nicht den PR-Beratern und
Investmentbankern.
6 Aug 2021
## LINKS
[1] /Hochwasser-in-Rheinland-Pfalz/!5781570
[2] /SPD-Finanzminister-zu-Hochwasser/!5790854
[3] https://www.spd.de/aktuelles/detail/news/scholz-schnelle-hilfe-fuer-hochwas…
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Hochwasser_in_Mitteleuropa_2002
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Hochwasser
Rheinland-Pfalz
Handwerker
Klimaneutralität
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Hochwasser
Annalena Baerbock
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