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# taz.de -- Theatertipps der Woche: Legende und Mythos
> Katharina Thalbach ist der Meisterdedektiv im „Orient Express“. Die
> Vagantenbühne zeigt „Kassandra // Achill“ nach Christa Wolfs
> Romanvorlage.
Bild: Senita Huskic und Andreas Klopp als Kassandra und Achill
Als Krimifigur ist er Legende: der belgische Detektiv Hercule Poirot, der
der Fantasie der genialen Agatha Christie entsprang. In ihrem berühmten
Roman „Mord im Orientexpress“ löst Poirot einen vertrackten Mordfall auf
schneeverwehter freier Strecke irgendwo in Jugoslawien.
Der Plot des Romans um den Mord an einem Kindermörder ist auch ein
Wahnsystem. Und wo Wahnsysteme sind, ist Komik nie weit, was den Romanstoff
für die Schauspielerin und Regisseurin Katharina Thalbach zur Steilvorlage
für ihr abgründiges Komödientalent macht.
Für die Komödie am Kurfürstendamm, die nun im Schillertheater spielt,
[1][hat Thalbach den Stoff zum großen Theaterspektakel umgekrempelt]. Mit
sich selbst in der Rolle des Meisterdetektivs, Musik, Tänzer:innen und
Kostümen des Modedesigners Guido Maria Kretschmer.
Außerdem sind weitere Mitglieder der Thalbach-Dynastie dabei sowie die
tollen Geschwister Pfister. Viele warten schon ungeduldig seit einem Jahr
auf die Premiere, die coronabedingt nicht stattfinden konnte. Jetzt aber
nichts wie hin. Mit etwas Glück gibt’s noch Karten ([2][Komödie am
Kurfürstendamm], Premiere am 22. 7., 20 Uhr).
Nicht überall, wo Clown drauf steht, ist auch Komik drin. Zum Beispiel im
Fall von Denis Scheck, dem Horrorclown der deutschen Literaturkritik. Er
malt sich schon mal das Gesicht schwarz an, um gegen die Entfernung des ihm
so lieb gewordenen N-Wortes aus Kinderbüchern zu protestieren.
Jüngst empfahl er in seiner Fernsehsendung Christa Wolfs Buch „Kassandra“
für die Verbrennung. Und posierte dabei ausgerechnet in einem Set, das mit
seinen weißen Regalen ein wenig dem unterirdischen Denkmal des israelischen
Künstlers Micha Ullman am Bebelplatz ähnelt, dem Ort der Bücherverbrennung
von 1933. Und ein öffentlich-rechtlicher Sender lässt so etwas zu.
Ein Schauspiel, das auf der Basis von Wolfs Buch „Kassandra“ entstand, ist
in dieser Woche wieder [3][in der Charlottenburger Vagantenbühne zu sehen].
„Kassandra // Achill“ stellt mit den beiden mythologischen Figuren zwei
Perspektiven einander gegenüber: Während die Kassandra als Frau mit ihrem
Streben nach Autonomie an den patriachalen Gesetzen des Krieges zu Grunde
geht, wird die gefühllose und entindividualisierte Kampfmaschine Archill am
Ende wie ein Vieh geschlachtet ([4][Vagantenbühne], 22. Juli, 20.30 Uhr).
Im Heimathafen Neukölln untersucht eine deutsch-palästinensische
Simultanperformance unter der Überschrift „Paralyse“ Fragen von Herkunft,
historischen Narrativen und Kultur. Sechs Spieler:innen in Ramallah und
Berlin spielen zeitgleich in einem Hybrid aus Videoinstallation und
Live-Performance, einer Koproduktion des Al Kasaba Theaters und bridgeworks
e.V. (Heimathafen Neukölln, ab 24.7., 19 Uhr. Alle Termine:
[5][www.heimathafen-neukoelln.de]).
19 Jul 2021
## LINKS
[1] https://www.komoedie-berlin.de/produktionen/mord-im-orientexpress.html
[2] https://www.komoedie-berlin.de/start/index.html
[3] https://www.vaganten.de/gastspiele-lesungen/kassandra-achill
[4] https://www.vaganten.de/gastspiele-lesungen/kassandra-achill
[5] https://heimathafen-neukoelln.de/#schedule
## AUTOREN
Esther Slevogt
## TAGS
taz Plan
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Berliner KünstlerInnen
Theater
Musiktheater
Schwerpunkt Klimawandel
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