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# taz.de -- Petition der Woche: Plastik in aller Munde
> Wer Kaugummi kaut, kaut oft unwissentlich auf Plastik rum. Ein Hersteller
> fordert biologisch abbaubare Alternativen und startet eine Petition.
Bild: Konventionelle Kaugummis verursachen jährlich rund 1.000 Tonnen Müll
Berlin taz | Das Kaugummi ist ein wahrer Allrounder: Es hilft gegen
Mundgeruch, Ohrendruck im Flugzeug und Nikotinsucht. Zudem verspricht es
weiße Zähne, es soll das Denken anregen und allgemein macht es einfach
cool. Selbst die Pharaonen im alten Ägypten kauten schon Kaugummi.
Und wenn das Gehirn auf Touren gekommen ist und der Geschmack verloren
geht? Dann spuckt man das Kaugummi auf den nächstbesten Fleck Erde. Dort
bleibt es die nächsten Jahre, wenn nicht zuvor jemand reintritt und es
unter dem Schuh durch die Weltgeschichte trägt.
Über den Verbleib der ausgespuckten Kaugummis hat sich auch der
Kaugummihersteller True Gum Gedanken gemacht und die Aktion „Second Chew“
gestartet: „Wiederbenutzt du Kaugummi? Ab jetzt schon. Kaugummi von der
Straße gekratzt, gesäubert und abgepackt – extra für dich zum Genießen!�…
heißt es auf [1][secondchew.com]. Was sich wie ein Scherz anhört, ist auch
einer. Doch die Kampagne des Herstellers thematisiert ein reales Problem.
Denn was sich gut auf den Denkprozess auswirken soll, ist schlecht für die
Umwelt. Die Europäische Union hat Anfang Juli ein Gesetz über das Verbot
von Einwegplastik verabschiedet, doch in Kaugummis ist Plastik nach wie vor
erlaubt, und das ist für Verbraucher:innen nicht erkennbar. In der
Inhaltsangabe wird lediglich „Kaumasse“ oder „Gummibasis“ angegeben. Was
sich genau dahinter verbirgt, fällt unter das Geschäftsgeheimnis.
## Auf Basis von Erdöl
Laut der bayerischen Verbraucherzentrale sind die Hersteller nicht dazu
verpflichtet, die genaue Zusammensetzung anzugeben. Üblich seien
Kunststoffpolymere, die dem geltenden Lebensmittelrecht entsprechen. Das
sind oft Petrochemikalien, also Kunststoffe, umgangssprachlich Plastik. Sie
müssen nicht auf der Verpackung angegeben werden.
Petrochemikalien werden auf Basis von Erdöl produziert und sind biologisch
nicht oder nur schwer abbaubar. Deswegen sollten sie weder auf der Straße
landen, noch in der Recyclingtonne, sondern immer im Restmüll.
Jeder Supermarkt und jeder Kiosk hat mindestens ein Regal, in dem sich
Packungen aller Größen, Farben und Sorten aneinanderreihen. Fast 10
Millionen Menschen in Deutschland kauen mehrmals pro Woche Kaugummi. Das
enthaltene Plastik ist in jedem Munde, und dort setzt die Petition von True
Gum an.
## Harz des südamerikanischen Breiapfelbaums
Konventionelle Kaugummis verursachen jährlich rund 1.000 Tonnen Müll,
schreibt das dänische Unternehmen auf seiner Website. Es gehört zu einer
ganzen Reihe von jungen Herstellern, die mit einer Rezeptur ohne Plastik
arbeiten und stattdessen das Harz des südamerikanischen Breiapfelbaums
verwenden. Zu einem gummiartigen Stoff verdickt heißt es „Chicle“. Schon
die Maya steckten es sich zum Kauen in den Mund.
True Gum wendet sich mit der „Second Chew“-Aktion direkt an die Politik.
Für jede Unterschrift wird tatsächlich ein altes Kaugummi an eine:n
europäische:n Politiker:in verschickt. Über 2.100 Menschen haben
inzwischen gezeichnet. So könnte aus einer scherzhaften Idee nüchterne
Realität werden. Zwar springt für True Gum mit der Kampagne einige
Aufmerksamkeit raus, wenn damit aber auch der Markt für plastikfreies
Kaugummi wächst, wäre das doch gar nicht so übel.
30 Jul 2021
## LINKS
[1] https://www.secondchew.com/
## AUTOREN
Maike Schulte
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