| # taz.de -- Petition der Woche: Gleiches Recht für Brötchen | |
| > In Nordamerika werden Hotdog-Brötchen im 8er-Pack verkauft, | |
| > Hotdog-Würstchen aber im 10er-Pack. Eine Petition will das ändern. | |
| Bild: Dafür oder Dagegen? – Dackel Stella im Hotdog-Kostüm | |
| Es war am 4. Juli 2021, dem Nationalfeiertag der USA, als Joey Chestnut | |
| erneut ein Meisterstück gelang. [1][Er aß 76 Hotdogs in zehn Minuten]. Er | |
| schlug damit seinen Weltrekord aus dem Vorjahr, da waren es 75 Hotdogs in | |
| zehn Minuten. In der Major League Eating, der amerikanischen Liga des | |
| Wettessens, wird Chestnut als „The Greatest Eater“ der Welt gefeiert. | |
| Es ist nicht bekannt, wie Joey Chestnut zu der Petition steht, die gerade | |
| die Hotdog-Welt in Atem hält. Vermutlich ist es ihm egal, denn „The | |
| Greatest Eater“ wird wohl nirgendwo für Hotdogs bezahlen müssen. Alle | |
| Normalsterblichen aber schon, und die haben ein Problem. | |
| In den USA und Kanada werden Hotdog-Würstchen nämlich im Zehnerpack | |
| verkauft. Die Brötchen dazu gibt es aber nur im Achterpack. Gegen diese | |
| Ungerechtigkeit gibt es nun eine Petition. [2][„It’s time“, schreiben | |
| Unterstützer*innen], und „gleiches Recht für Würstchen und Brötchen“. | |
| ## Ist der Kapitalismus schuld? | |
| Was steckt hinter dem Ungleichgewicht der Hotdogs? Der Kapitalismus, denken | |
| jetzt alle, klar. Wahrscheinlich trafen sich die Fleischfirmen mit den | |
| Brotfirmen in einem dunklen Keller, irgendwo in Washington, und handelten | |
| diesen Deal aus. | |
| Es war bestimmt einer der Wurstmänner, klein, fies, mit Zigarre in seinem | |
| Mund, der auf den Tisch haute und sagte: „So! Ihr verkauft in Achterpacks, | |
| wir in Zehnerpacks, und so ziehen wir den Leuten das Geld aus der Tasche, | |
| muhaha“. Und so war die Hotdog-Ungleichheit geboren, amerikanische Familien | |
| verzweifelten am Supermarktregal und unendlich viele Würstchen landeten im | |
| Müll. Nun, ganz so spektakulär war es leider nicht. | |
| Das Problem der Hotdog-Causa liegt an der Art, wie die Brötchen gebacken | |
| werden. Industriell hergestellte Brötchen werden immer in Vierergruppen in | |
| den Ofen geschoben. Deshalb gibt es die Brötchen nur in Achter- oder | |
| Zwölferpackungen. Das sagt zumindest der National Hot Dog Sausage Council – | |
| ein Verband, der sich für die Rechte der Wurstindustrie in den USA einsetzt | |
| – [3][gegenüber Newsweek]. | |
| ## Zweifelhalfte Lösung des National Hot Dog Sausage Council | |
| Und der Verband hat natürlich auch eine Lösung für das Hotdog-Problem | |
| parat: Mathematik. Man könne ja, schlägt er vor, einfach vier Packungen | |
| Würstchen und fünf Packungen Brötchen kaufen. Das ergäbe dann die gleiche | |
| Anzahl von Brötchen und Würsten, man bekommt genau vierzig Hotdogs. | |
| Klar, dass der National Hot Dog Sausage Council das sagt. Der Verband | |
| vertritt die Interessen der größten industriellen Fleischhersteller in den | |
| USA. Und wenn wir schon mal dabei sind: Die Petition für Gerechtigkeit beim | |
| Hotdog-Kauf ist ein PR-Gag der Firma Heinz. Genau, richtig, die mit dem | |
| Ketchup. | |
| PR hin oder her, die Frage ist doch: Kann der Hotdog-Klassenkampf etwas | |
| verändern? Immerhin haben bis Redaktionsschluss 25.684 Menschen | |
| unterschrieben und stündlich werden es mehr. Aber: Bis jetzt hüllt sich die | |
| Hotdog-Industrie in Schweigen. | |
| Wenn das so bleibt, dann gibt es ja immer noch die mathematische Lösung: | |
| viermal Würstchen und fünfmal Brötchen kaufen. Aber ob das die Lösung für | |
| amerikanische Familien ist? Schließlich sitzt nicht an jedem Tisch ein Joey | |
| Chestnut, der sich alle acht Sekunden einen Hotdog reindrückt. | |
| 18 Jul 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.theguardian.com/sport/2021/jul/04/nathans-hot-dog-contest-joey-… | |
| [2] https://www.change.org/p/hot-dog-lovers-heinz-hot-dog-pact | |
| [3] https://www.newsweek.com/heinz-launches-petition-make-hot-dogs-buns-equal-n… | |
| ## AUTOREN | |
| Niko Kappel | |
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