| # taz.de -- Geberkonferenz in Paris: Heftige Kritik an Libanons Eliten | |
| > Bei einer Hilfskonferenz für das Land findet Frankreichs Präsident | |
| > scharfe Worte gegen die Führungsriege. Dennoch kündigt er Hilfsgelder an. | |
| Bild: Frankreichs President Macron bei der Videokonferenz zum Libanon | |
| Paris taz | Umfangreiche Unterstützung für die Bevölkerung hat Frankreichs | |
| Staatspräsident Emmanuel Macron zum Auftakt einer erneuten Hilfskonferenz | |
| für den Libanon angekündigt. Der Präsident kam nicht nur mit frommen | |
| Wünschen zur Videokonferenz unter der Schirmherrschaft der UNO. Frankreich | |
| werde der libanesischen Bevölkerung in den kommenden zwölf Monaten mit | |
| zusätzlich 100 Millionen Euro in den Bereichen Nahrung und Erziehung helfen | |
| und außerdem 500.000 Impfdosen gegen Covid-19 schicken, versprach Macron | |
| gleich zur Eröffnung. | |
| Als Ziel der Konferenz waren Zusagen in der Höhe von 300 Millionen Euro für | |
| humanitäre Dringlichkeitshilfe genannt worden. Staats- und Regierungschefs | |
| von insgesamt vierzig Staaten hatten ihre Teilnahme angekündigt, unter | |
| ihnen US-Präsident Joe Biden, EU-Ratspräsident Charles Michel sowie | |
| Deutschlands Außenminister Heiko Maas. Deutschland sagte 40 Millionen Euro | |
| zu. | |
| Die Krise im Libanon begann vor Jahren, angeheizt durch staatliche | |
| Verschwendung und Korruption. [1][Sie beschleunigte sich, nachdem vor genau | |
| einem Jahr Ammoniumnitrat im Hafen der Hauptstadt Beirut explodierte]. | |
| Dabei wurden mehr als 200 Menschen getötet, Tausende verletzt und Teile der | |
| Stadt zerstört. Im Juni übte die Weltbank scharf Kritik an der politischen | |
| Elite des Landes. Diese scheine „absichtlich unzureichend zu reagieren“ und | |
| so die Finanzkrise zu verschlimmern. | |
| Trotz des internationalen Drucks war es dem vom libanesischen Präsidenten | |
| Michel Aoun nach mehrfachen Scheitern beauftragten Premierminister Najib | |
| Mikati nicht gelungen, [2][vor der Konferenz eine Regierung zu bilden]. Die | |
| Querelen der politisch-konfessionellen Clans waren dafür weiterhin zu groß. | |
| ## Libanesische Regierung stark in der Kritik | |
| Macron hat seit der Explosion bereits zum dritten Mal eine internationale | |
| Libanon-Konferenz organisiert. Er hofft, dass dieses persönliche Engagement | |
| und der anhaltende Druck schließlich doch noch etwas bewirken werde. | |
| Angesichts der politisch blockierten Situation und der Widerstände musste | |
| Macron seine Ambitionen zuletzt aufgrund der Widerstände vor Ort bereits | |
| stark reduzieren. Er übte zum Anfang der Videokonferenz schärfere Kritik: | |
| „Die libanesischen Führungsfiguren scheinen auf eine Verzögerungsstrategie | |
| zu setzen, was ich bedauere und für einen historischen und moralischen | |
| Fehler halte.“ Weiter sagte er, die heutige Krise im Libanon sei „weder ein | |
| unvermeidliches Los noch eine Fatalität, sondern die Frucht von nicht zu | |
| rechtfertigenden individuellen und kollektiven Fehlleistungen“. | |
| In seiner Analyse der aktuellen Krise findet Macron keinen Grund zu | |
| Nachsicht für die politische Führung, die nicht gewillt ist, andere Kräfte | |
| ans Ruder zu lassen oder mit tiefgreifenden Strukturreformen am | |
| traditionellen konfessionellen System der Institutionen zu rütteln. „Es | |
| wird keinen Blankoscheck für das politische System geben“, warnte Macron. | |
| Hilfsgelder sollten direkt der Bevölkerung zugute kommen und ihr Einsatz | |
| überprüft werden. | |
| Auch hinsichtlich der offiziellen Aufklärung der Explosionskatastrophe | |
| mahnte Macron die geradezu sträflich untätigen Politiker in Beirut. Den | |
| Führern der verschiedenen Konfessionen und Regierungsparteien droht | |
| Frankreich mit Sanktionen – was die Betroffenen bisher allerdings nicht | |
| groß beeindruckt hatte. | |
| 4 Aug 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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