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# taz.de -- Islamist:innen in Berlin: Zurückgekehrt und teils eingesperrt
> Die Rückkehrkoordinierung des Berliner Senats kümmert sich um
> IS-Unterstützer:innen. Das Land findet das wichtig – doch die
> Bundesförderung läuft aus.
Bild: Im Knast sitzen nur wenige IS-Rückkehrer:innen
Berlin taz | Der Zulauf zum IS war auch aus Berlin nicht unerheblich:
Insgesamt hätten sich 135 Berliner:innen aufgemacht, um den IS zu
unterstützen, erklärte Innensenator Andreas Geisel (SPD). 70 von ihnen
seien in den letzten Jahren zurückgekehrt, davon 20 Prozent Frauen. Ein
„großer Teil“ der verbliebenen 65 Personen befände sich in Nordsyrien oder
dem Irak in Haft, ergänzte Samira Benz von der Rückkehrkoordinierung des
Senats. Andere seien mittlerweile verstorben.
Die Rückkehrkoordinierung ist ein seit 2019 bestehendes Modellprojekt, das
sich primär um aus Berlin und Deutschland stammende Rückkehrer:innen
des IS kümmert. Benz und Geisel stellten am Dienstag ihre Arbeit vor.
Das Projekt sieht „festgelegte Meldewege“ vor, falls etwa ein
Nachrichtendienst von der Rückkehr mutmaßlicher IS-Unterstützer:innen
erfährt. Dann griffen „repressive und reintegrative Maßnahmen“, sagte
Geisel. Die sollen laut dem Innensenator erst einmal sicherstellen, dass
jede:r, der:die „im Ausland Kriegsverbrechen begangen hat, die volle Härte
des Gesetzes“ erfahre.
Liegt ein Haftbefehl vor, würde dieser am Flughafen vollstreckt. Derzeit
befände sich allerdings nur eine „einstellige Zahl“ von
Rückkehrer:innen in Berlin in Haft oder Bewährung, sagte Geisel. Auf
taz-Nachfrage schrieb ein Sprecher der Senatsinnenverwaltung am
Dienstagnachmittag, dies liege an der Schwierigkeit, eine Mitgliedschaft im
IS auch zu beweisen. Zeugen oder Beweise seien häufig nur schwer zu
beschaffen, zumal keine diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und
Syrien bestehen.
Deradikalisierung durch Stabilität
Allerdings betonte Geisel auch, dass Sicherheit letztlich nur durch die
„langwierige und schwierige Aufgabe“ der Deradikalisierung zu erreichen
sei. Dafür arbeitet der Senat etwa mit der Beratungsorganisation
[1][Violence Prevention Network], dem Verein [2][Grüner Vogel] oder dem
[3][Kindernotdienst] zusammen. In der auf die Ankunft folgenden – auch
psychotherapeutischen – Betreuung ginge es um die „Reintegration in die
Mehrheitsgesellschaft“, so Geisel. Ziel sei es, die Menschen zu
stabilisieren, etwa durch einen sicheren Job, eine Wohnung oder den Beginn
einer Ausbildung.
Es gebe das „Glück“, dass die meisten Rückkehrer:innen „für Beratung
offen“ seien, berichtete Benz. Viele kämen „desillusioniert und enttäusch…
aus den Kriegsgebieten zurück, sagte Geisel. Es gebe aber auch Fälle, in
denen Rückkehrer:innen „tiefe ideologische Überzeugungen“ besäßen –
diese Einzelfälle seien es, die eine Gefahr darstellen könnten.
Das Projekt wird derzeit mit rund 3 Millionen Euro jährlich aus den Mitteln
des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge gefördert. Es läuft allerdings
mit dem aktuellen Bundeshaushalt aus. Dass Geisel die Rückkehrkoordinierung
nun öffentlichkeitswirksam vorgestellte, mag also auch den Hintergrund
haben, dass eine weitere Förderung bisher nicht sicher ist.
„Die Arbeit muss fortgeführt werden“, sagte Geisel. Er appellierte an
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), die „finanzielle Vorsorge“ auch
zukünftig zu sichern. Notfalls würde auch das Land einspringen. Wichtig sei
Geisel aber eine „bundesweite Koordinierung“. Derzeit seien Programme aus
sieben Bundesländern sowie diverse Bundesbehörden miteinander vernetzt.
27 Jul 2021
## LINKS
[1] https://violence-prevention-network.de/
[2] https://gruenervogel.de/
[3] https://www.berliner-notdienst-kinderschutz.de/kinder.html
## AUTOREN
Timm Kühn
## TAGS
Islamismus
„Islamischer Staat“ (IS)
Antiterrorkampf
Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
„Islamischer Staat“ (IS)
Schwerpunkt Islamistischer Terror
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