# taz.de -- Österreichs dubiose Klinikfinanzierung: Korruptionsprozess gegen S… | |
> Der rechte Ex-Vizekanzler wird verdächtigt, gegen eine Parteispende eine | |
> Privatklinik zum Nutznießer eines staatlichen Fonds gemacht zu haben. | |
Bild: Karl-Heinz Strache wartet am Dienstag auf die Eröffnung seines Prozesses… | |
Wien taz | Der einst als Medienstar gefeierte Vizekanzler Heinz-Christian | |
Strache (FPÖ), macht heute nur noch auf der Chronikseite Schlagzeilen – und | |
in der Gerichtskolumne. Ende Juni ging eine Privatjacht, auf der er in | |
Kroatien eingeladen war, in Flammen auf. Alle Passagiere entkamen | |
unversehrt. | |
Dass Straches nächster Termin jetzt auch so glimpflich verläuft, ist | |
keineswegs sicher. Seit Dienstag steht er [1][in Wien vor dem | |
Straflandesgericht]. Es geht um mutmaßliche Bestechlichkeit in Zusammenhang | |
mit dem berüchtigten Ibiza-Video, das im Mai 2019 die rechte Regierung zu | |
Fall brachte und Straches politische Karriere beendete. | |
Auf dem im Sommer 2017 heimlich aufgenommenen Video verspricht Strache | |
[2][einer vermeintlichen Oligarchin] Vorteile gegen Parteispenden, wenn sie | |
ihn damit in die Regierung bringt. Strafbar ist das vermutlich nicht, da | |
Strache damals noch kein Amtsträger war. | |
Doch anders ist dies im Falle des sogenannten Prikraf, der jetzt verhandelt | |
wird. Der Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) wird aus den | |
Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung gespeist und erlaubt es | |
Privatkliniken, bestimmte Leistungen mit den Krankenkassen abzurechnen. | |
Doch trifft das nicht auf alle privaten Krankenanstalten zu, sondern nur | |
auf eine exklusive Auswahl. Deren Zustandekommen ist höchst undurchsichtig. | |
## Staatsanwaltschaft stützt sich auf Chatverlauf | |
Der Fall Strache macht das deutlich. Schon vor den Wahlen 2017, die Strache | |
zum Vizekanzler einer türkis-blauen Regierung unter Bundeskanzler Sebastian | |
Kurz (ÖVP) machen sollten, war sein Freund Walter Grubmüller, Betreiber der | |
Privatklinik Währing, an den FPÖ-Chef herangetreten. Das belegt ein der | |
Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) vorliegender Chatverlauf. | |
Grubmüller machte während der Koalitionsverhandlungen deutlich, wie sehr | |
ihm daran gelegen war, dass die FPÖ das Gesundheitsministerium übernehme. | |
Denn er wollte mit seiner Wiener Klinik in die Liste des Prikraf | |
aufgenommen werden. | |
„Wir kämpfen“, antwortete Strache und wollte wissen, welches Gesetz seinem | |
Freund „wichtig“ wäre, „damit die Schönheitsklinik endlich fair behande… | |
wird?“. Das Gewünschte kam postwendend per SMS. | |
Dass Grubmüller etwa zeitgleich eine Spende von 10.000 Euro an die FPÖ | |
überwies, sieht die WKStA als klares Indiz für ein strafrechtlich | |
relevantes quid pro quo, auf gut Deutsch: Gesetzeskauf. | |
Dass Strache im Mai 2018 von Grubmüller in dessen Haus auf Korfu einladen | |
und im Privatjet eingeflogen wurde, wie die Chats suggerieren, bestreiten | |
beide. Eine solche Einladung sei schon 2016 erfolgt. | |
## Prozess könnte auch für ÖVP unangenehm werden | |
Das Lobbying des Klinikbetreibers machte sich jedenfalls bezahlt. Denn 2018 | |
sorgte die türkis-blaue Gesundheitsreform für die Aufnahme von Grubmüllers | |
Klinik als Nummer 45 in den Prikraf. Sie ist auf Nasenkorrekturen, | |
Facelifting und Botoxverabreichung spezialisiert. | |
Sowohl Strache als auch Grubmüller bestreiten jeden Zusammenhang mit der | |
Parteispende. Die Beklagten versprechen sich Schützenhilfe von ihren | |
Zeuginnen wie Ex-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein und | |
FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch. | |
Unangenehm könnte der Prozess auch für die ÖVP werden, deren | |
Ex-Finanzminister Hartwig Löger CEO der PremiQaMed war, die mehrere im | |
Prikraf berücksichtigte Privatkliniken betreibt. Diese Tochter des | |
ÖVP-nahen Versicherungsunternehmens Uniqa hatte 2017 und 2018 jeweils | |
25.000 Euro an die Kurz-Partei gespendet. | |
Auch in dieser Causa ermittelt die WKStA. Die Verhandlung gegen Strache ist | |
auf vier Tage anberaumt. Schon am Freitag könnte das Urteil fallen. Im | |
Falle eines Schuldspruchs drohen dem ehemaligen Vizekanzler sechs Monate | |
bis fünf Jahre Haft. | |
6 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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