# taz.de -- Gescheiterte Grünen-Kanzlerkandidatin: Es ist vorbei, Baerbock! | |
> Die Grünen-Kanzlerkandidatin ist an ihrem Ehrgeiz gescheitert und kann | |
> die Wahlen nicht mehr gewinnen. Sie sollte Robert Habeck den Stab | |
> übergeben. | |
Bild: Ein Kandidaturabschied aufgrund von fehlender Glaubwürdigkeit | |
Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock konnte es nicht lassen. Sie | |
musste unbedingt noch schnell zum Beginn der heißen Wahlkampfphase ein Buch | |
veröffentlichen. Schließlich ist von ihrem Co-Vorsitzenden Robert Habeck | |
auch im Januar eins erschienen, [1][sein viertes erfolgreiches politisches | |
Sachbuch in Folge]. Der Unterschied zwischen den beiden Büchern ist in etwa | |
so groß wie der zwischen einer Pommesbude und einem französischen | |
Restaurant – wohin man lieber geht, ist Geschmackssache. | |
Es lässt sich nicht mehr leugnen, dass [2][Baerbock so viele Passagen im | |
Copy-Paste-Verfahren eingefügt hat, dass man langsam den Überblick | |
verliert]. Klar ist jedoch, dass dieses Buch-Desaster ins Bild passt: | |
Wieder einmal wollte die Kanzlerkandidatin größer erscheinen, als sie ist. | |
Und dieses Mal fehlt ihr sogar die Einsicht, erneut Fehler gemacht zu | |
haben. | |
Baerbock ist an ihrem eigenen Ehrgeiz gescheitert. Die Umfragewerte sind im | |
freien Fall. Wenn es in diesem Tempo weiter abwärts geht, dann landen die | |
Grünen dort, wo sie auch 2017 waren: bei knapp neun Prozent. Nicht nur für | |
die Partei wären die Arbeit und die inhaltliche Neuaufstellung der letzten | |
drei Jahre dann umsonst gewesen, denn nach einer Regierungsbeteiligung sähe | |
es bei schlechten Ergebnissen nicht mehr aus. Vor allem für das Klima wäre | |
es katastrophal, denn jedes Jahr zählt jetzt dreifach. | |
Wenn Baerbock also etwas am Klima und der Zukunft der kommenden | |
Generationen liegt, dann sollte sie ihre Kandidatur so schnell wie möglich | |
an Habeck abgeben. Sieht sie es nicht ein, dann liegt es jetzt bei den | |
einflussreichen Parteigranden ihr klarzumachen: Es ist vorbei, Annalena! | |
Vielleicht wäre sie eine gute Kanzlerin geworden, doch dafür müsste sie | |
zuerst ein hohes Ergebnis für ihre Partei erreichen. Sie kann diese Wahlen | |
nicht mehr gewinnen, dazu ist ihre Glaubwürdigkeit zu stark beschädigt. | |
Natürlich ist es ungewöhnlich und auch risikoreich, im Galopp die Pferde zu | |
wechseln. Drei Gründe sprechen dennoch dafür. Erstens: Anders als die SPD | |
mit [3][Martin Schulz vor vier Jahren] haben die Grünen mit Habeck eine | |
herausragende Alternative. Hätte Baerbock als Frau entsprechend den grünen | |
Statuten nicht das erste Zugriffsrecht gehabt, wäre ohnehin er | |
Kanzlerkandidat der Grünen geworden. Der Baerbock-Zug müsste also nicht | |
entgleisen, man kann ihn auch einfach anhalten. | |
Zweitens: Es ist immer klar gewesen, dass Habecks Reichweite weit über das | |
grüne Milieu hinausgeht, er also auch Wähler*innen gewinnen kann, die | |
bisher nicht grün gewählt haben. Das zeigen seit langem nicht nur die | |
allgemein zugänglichen Umfragen, sondern auch detaillierte Befragungen, die | |
die Grünen selbst in Auftrag gegeben haben. Es sind noch zweieinhalb Monate | |
bis zur Bundestagswahl. Einfach wäre es nicht und trotzdem könnte die Zeit | |
reichen, um das Ruder noch halbwegs herumzureißen. | |
Drittens: Habeck hat alles, woran es bei Baerbock mangelt. Er hat Wahlen | |
gewonnen, bringt Regierungserfahrung mit, kann frei und ohne ständige | |
Versprecher reden und hat auch noch seine Bücher selbst geschrieben. Vor | |
allem aber verfügt er über das wichtigste Gut bei einer Wahl: | |
Glaubwürdigkeit. Aus feministischer Sicht ist es bedauerlich, dass Baerbock | |
gescheitert ist. Für die Sache der Frauen bedeutet es einen Rückschlag. | |
Doch man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass Gleichstellung bedeutet, die | |
Frau bei gleicher Qualifikation vorzuziehen. Baerbock und Habeck waren nie | |
gleich gut qualifiziert. Für Baerbock ist diese Kandidatur zu früh | |
gekommen, sie ist zu jung, zu unerfahren und politisch zu unreif. Die | |
Wahrscheinlichkeit, dass so etwas schiefgeht, ist überproportional groß. | |
Und es ist ein gefundenes Fressen für jene, die Frauen ohnehin weniger | |
zutrauen. Mit ihrer Selbstüberschätzung hat Baerbock dem Feminismus einen | |
Bärendienst erwiesen. | |
4 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Silke Mertins | |
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