# taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Schweben und Knarren | |
> Gegelegentlich auch mit Stimme: Aleksandra Zakharenko alias Perila legt | |
> ihr neues Album „How Much Time it is Between You and Me?“ vor. | |
Bild: Perila alias Alexandra Zakharenko | |
Manche Musikrichtungen schleppen tonnenschweren Ballast von Vorurteilen mit | |
sich. Auch das für seine luftigen Strukturen bekannte Ambientgenre gehört | |
dazu. Was womöglich daran liegt, dass viele Künstler in dieser Sparte | |
bevorzugt mit fluffigen Synthesizerwolken von sich hören machen und so das | |
Klischee selbst mutmaßlich freiwillig bedienen. | |
Dabei hatte zum Beispiel schon der im Jahr 2012 früh verstorbene Produzent | |
Peter Kuhlmann alias Pete Namlook einen viel weiteren Ambientbegriff, bei | |
dem sogar lebhaftes Schlagzeug nicht verboten war. Demgegenüber scheint die | |
in Berlin lebende russische Musikerin Aleksandra Zakharenko alias Perila | |
mit ihrem [1][aktuellen Album „How Much Time it is Between You and Me?“] | |
auf den ersten Blick eher den üblichen Umgangsformen bei Ambient zu | |
gehorchen. Was sich bei genauerem Hinhören jedoch als eigenes Vorurteil | |
herausstellt. | |
Zunächst einmal ist der Übergang von Klang im Sinn von Akkorden und anderen | |
musikalisch eingehegten Tönen zu Geräusch in ihren Stücken stark fließend. | |
In den gleichförmigen Fluss der elektronischen Töne mischen sich | |
Umweltaufnahmen, mehr oder weniger stark verfremdet. | |
Das kann ein fernes Stampfen wie von Maschinen sein – oder ist es doch ein | |
Stapfen von Schritten, verzerrt und mit Hall versehen? –, Pochen, womöglich | |
auf Rohre, oder ein vernehmliches Knarren. Auch dezente Beckenklänge lässt | |
die als Schlagzeugerin sozialisierte Zakharenko durchaus zu. | |
Vor allem scheut Perila nicht davor zurück, gelegentlich von ihrer Stimme | |
Gebrauch zu machen, was einige Stücke in die Nähe von Songs rückt. | |
Zakharenko hat ebenso Erfahrung als Sängerin, was sie nicht demonstrativ | |
ausstellt. Der Musik kommt es aber zugute, wie etwa im zeitgemäß betitelten | |
„Vaxxine“, das praktisch aus nichts anderem als ihrem Gesang an der Grenze | |
zum Flüstern besteht. | |
[2][Die Musik von Perila] hat denn auch wenig von der entrückten | |
Wattigkeit, die sich oft im Ambient findet. Stattdessen schafft sie offene | |
Räume, die etwas Intimes schaffen. Das muss ja nicht immer kuschelig sein. | |
Vielmehr ist es unverstellte Nähe. | |
18 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://perilazone.bandcamp.com/album/how-much-time-it-is-between-you-and-me | |
[2] /Ambientsound-von-Perila/!5626565 | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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