# taz.de -- Chaos bei Grünen im Saarland: Spitzenkandidat wackelt | |
> Die Saar-Grünen fürchten die Nichtzulassung ihrer Liste für die | |
> Bundestagswahl. Am Samstag könnte es zu einer Neuaufstellung kommen. | |
Bild: Eine offene Frage: Behält der umstrittene Hubert Ulrich sein Grünen-Tic… | |
SAARBRÜCKEN taz | Die starke Minderheit der Saar-Grünen, die Hubert Ulrich | |
als Spitzenkandidaten der Partei zur Bundestagswahl per Gerichtsbeschluss | |
kippen will, hat einen ersten Teilerfolg erzielt. Am späten Donnerstag | |
setzte der Landesvorstand eine Neuwahl der Liste „vorsorglich“ auf die | |
Tagesordnung des Landesparteitags am 17. Juli. Ursprünglich sollten an | |
diesem Tag lediglich die vakant gewordenen Vorstandsposten neu besetzt | |
werden. | |
Die Chaos-Tage der Saar-Grünen gehen in eine neue Runde. Nach dem ebenso | |
überraschenden wie umstrittenen Comeback des 63-jährigen | |
[1][Ex-Landesvorsitzenden Ulrich] sind bereits sechs | |
Landesvorstandsmitglieder zurückgetreten. Allen Forderungen, durch einen | |
freiwilligen Rückzug den Weg frei für eine Neuaufstellung zu machen, | |
erteilt Ulrich bislang kategorisch eine Absage. Nun kann er sich seiner | |
Sache aber nicht mehr so ganz sicher sein. | |
Es sei für sie „zwingend, dass wir so lange an der Nicht-Einreichung der | |
aktuellen Liste und einer Neuaufstellung festhalten, solange wir keine | |
(schieds-)gerichtliche Entscheidung in der Sache über die Wirksamkeit der | |
Liste haben“, erklärte die Landesvorsitzende Barbara Meyer-Gluche zur | |
Begründung des Beschlusses. | |
Das Risiko sei sonst zu groß, dass die Liste vom Landeswahlausschuss nicht | |
angenommen werden könnte, warnte sie. Solange die [2][auf dem | |
Landesparteitag vom 20. Juni] unter zweifelhaften Umständen aufgestellte | |
Liste nicht gerichtlich bestätigt sei, werde sie „an der Neuaufstellung | |
festhalten“, so Meyer-Gluche. | |
Das „Grüne Bündnis Saar“, die innerparteiliche Opposition aus zwei Kreis- | |
und zehn Ortsverbänden, hatte [3][bereits unmittelbar nach der | |
Listenaufstellung] die Parteigerichte angerufen. Mit der Wahl Ulrichs zum | |
Spitzenkandidaten sei gegen das verbindliche Frauenstatut der Partei | |
verstoßen worden, weil bei den Grünen der erste Platz jeweils für eine Frau | |
reserviert sei. Außerdem hätten bei der Wahl vier VertreterInnen der Grünen | |
Jugend und der Grünen Senioren mitgewählt, die eigentlich nicht | |
stimmberechtigt gewesen seien. | |
## Jetzt sind erstmal die Gerichte gefordert | |
Vor allem dieses zweite Argument sieht auch die Landesvorsitzende | |
Meyer-Gluche als Risiko. Mehrfach war sie jedoch in den vergangenen Tagen | |
bei der Vorstandsmehrheit mit ihrem Versuch gescheitert, eine Neuwahl der | |
Liste wenigstens vorsorglich auf die Tagesordnung des Parteitags zu setzen. | |
Erst jetzt, nachdem sie am Montag angekündigt hatte, a[4][uf dem Parteitag | |
am 17. Juli ihr Amt zur Verfügung zu stellen], konnte sie sich doch noch | |
durchsetzen. | |
In ihrem Rücktrittsschreiben übte Meyer-Gluche erstmals offen Kritik am | |
Spitzenkandidaten Ulrich. Der bestehe „trotz des Risikos“ auf Einreichung | |
der Liste und spiele auf Zeit. „Mit Blick auf den möglichen Schaden für die | |
Partei kann ich dieses Verhalten schlichtweg nicht mehr nachvollziehen“, | |
schrieb die 37-jährige Bürgermeisterin der Stadt Saarbrücken. | |
Nun muss zunächst die innerparteiliche Schiedsgerichtsbarkeit entscheiden. | |
Das saarländische Landesschiedsgericht hat sich für befangen erklärt. Das | |
Bundesschiedsgericht überwies den Streitfall an das Landesschiedsgericht in | |
Rheinland-Pfalz. Das kündigte zügige Beratungen an. | |
Möglicherweise ziehen die Ulrich-GegnerInnen zudem im Falle ihres | |
Scheiterns vor ein ordentliches Gericht. Diese Frage habe das „Grüne | |
Bündnis Saar“ noch nicht entschieden, sagte Frank Lichtlein, einer der | |
Sprecher der innerparteilichen Opposition, der taz. „Meine persönliche | |
Einschätzung ist, dass wir gegebenenfalls den Weg gehen müssen, um aus dem | |
saarländischen Landesverband endlich einen normalen, politisch agierenden | |
Landesverband zu machen. Anderenfalls wären die Strukturen auf viele Jahre | |
zementiert“, so Lichtlein. | |
Unterdessen läuft der Partei die Zeit davon. Bis zum 19. Juli müssen alle | |
Landesparteien ihre KandidatInnenliste bei der Landeswahlleiterin | |
einreichen. Falls das bis dahin den Grünen nicht gelingt, würden sie im | |
Saarland auf den Stimmzetteln fehlen. Falls nach der Listeneinreichung | |
Gerichte ihre Liste für ungültig erklären, wäre den Grünen das gleiche | |
Schicksal beschieden. | |
9 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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