# taz.de -- U-Bahnhof Museumsinsel eröffnet: Einfach unterirdisch | |
> Der U-Bahnhof Museumsinsel ist fertig. Bei der Einweihung gab es | |
> überschwängliche Worte für seine Gestaltung. Warum, bleibt etwas unklar. | |
Bild: „Der Himmel unter Berlin“ – fanden jedenfalls die GratulantInnen be… | |
Frank Nägele gehört zu Berlins weniger bekannten Top-Verwaltungsleuten. Der | |
Staatssekretär ist in der Senatskanzlei für die Modernisierung der | |
Infrastruktur zuständig. Vor allem aber hat er einen guten Geschmack in | |
Sachen Kinderbücher. Denn in seinem Regal, so erzählt es Nägele bei der | |
Einweihung des U-Bahnhofs Museumsinsel am Freitagvormittag, steht das Buch | |
„Serafin und seine Wundermaschine“ des französischen Zeichners Philippe | |
Fix. | |
Das hat insofern etwas mit der nun endgültig fertiggestellten U-Bahnlinie 5 | |
zu tun, weil der Held des wunderschönen Buches von 1967 sich als | |
Fahrkartenknipser in einer stickigen Station der Pariser Metro verdingt, wo | |
er niedergeschlagen von Licht und Luft träumt. In einem Bahnhof wie diesem | |
tief unter der Spree, so Nägele, hätte Serafin sicher gerne gearbeitet. Der | |
sei ein „Versprechen des Himmels unter der Erde“. | |
Vielleicht hat Frank Nägele ja in Sachen Architektur keinen so guten | |
Geschmack. Andererseits ist er nicht der einzige Redner, der die vom in | |
Berlin lebenden Schweizer Architekten Max Dudler stammende Gestaltung | |
überschwänglich lobt. „Wunderbar“ findet BVG-Chefin Eva Kreienkamp das | |
unterirdische Bauwerk, „toll“ die grüne Wirtschaftssenatorin und | |
Aufsichtsratschefin Ramona Pop, „ein Star“, so Verkehrsstaatssekretär | |
Ingmar Streese. | |
Was natürlich eine von vielen Anspielungen auf den „Sternenhimmel“ ist, den | |
Dudler den Decken über den Gleisen verpasst hat: In den ultramarinblauen | |
Bögen leuchten exakt 6.662 symmetrisch verteilte LED-Lichtpunkte. Es soll | |
ein Zitat des berühmten Bühnenbilds für Mozarts „Zauberflöte“ von Karl | |
Friedrich Schinkel sein, das dieser 1816 für die Staatsoper Unter den | |
Linden schuf. Das ist aber auch schon das Beste, was man über Dudlers | |
Entwurf sagen kann. | |
Ein Unbekannter ist der Architekt dabei keineswegs. Seine Gitter- und | |
Rasterfassaden stehen in vielen deutschen Städten, und das | |
[1][Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum], die Universitätsbibliothek der | |
Humboldt-Universität, hat einen recht beeindruckenden Innenraum, der es | |
auch schon als Kulisse in manche internationale Filmproduktion geschafft | |
hat. Älteren taz-KollegInnen dürfte ein von Dudler geschaffenes Innendesign | |
noch gut vertraut sein: das Restaurant „Sale e Tabacchi“ im alten taz-Haus | |
an der Rudi-Dutschke-Straße. | |
## Eckig und uninspiriert | |
Der einzige, der an diesem Tag Klartext redet, ist Jens Wieseke vom | |
Vorstand des Berliner Fahrgastverbands IGEB: „Also ein Ausbruch von Weite | |
und Offenheit ist das hier nicht“, meint er. Für den nunmehr 175. Bahnhof | |
der BVG hätte er sich „zumindest einen helleren Wandton gewünscht, gerade | |
bei einem so engen Raum“. | |
Tatsächlich ist der Gesamteindruck eher bedrückend: Die Säulen aus dunklem | |
Fichtelgebirgsgranit stehen eckig und uninspiriert um den Mittelgang herum, | |
während – man kann es nicht anders sagen – der „Sternenhimmel“ billig | |
wirkt, sowohl in der Idee als auch in der Ausführung. | |
Nicht mal ungestört glimmen dürfen die LED-Sternchen, denn um eine | |
ausreichende Beleuchtung des Bahnsteigs sicherzustellen, wurde eine | |
zusätzliche Reihe Strahler in die Himmelswölbung eingelassen, die den | |
offenkundig angestrebten Effekt stark beeinträchtigen. Dass manche | |
TouristInnen nicht nur wegen des Weltkulturerbes hier aussteigen werden, | |
sondern allein um des Bahnhofs willen, wie BVG-Chefin Kreienkamp andeutet – | |
naja, auszuschließen ist so etwas nie. | |
Wie zeitgenössische U-Bahn-Architektur mit Eleganz und großer Geste | |
aussieht, zeigt im Übrigen der [2][Nachbarbahnhof „Rotes Rathaus“], der | |
schon seit dem U5-Lückenschluss zwischen Alex und Brandenburger Tor im | |
Dezember in Betrieb ist. Dort war allerdings auch leichter Bauen als unter | |
der Museumsinsel, wo das feuchte und instabile Erdreich erst aufwendig | |
vereist werden musste, um graben zu können. | |
9 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://needleberlin.com/2012/10/14/the-hipster-library-the-jacob-und-wilhe… | |
[2] https://www.collignonarchitektur.com/de/projekte/u-bahnhof-rotes-rathaus | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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Sigrid Nikutta | |
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