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# taz.de -- Konzerte in Berlin: Musik für kleinere Massen
> Die neue Coronaverordnung erlaubt größere Konzerte, aber jetzt naht die
> Deltavariante. Wie blickt die Berliner Konzertszene auf die kommenden
> Monate?
Bild: Bis zu 1000 Personen sind bei Veranstaltungen drinnen inzwischen erlaubt
Berlin taz | Es mag sich so anfühlen, als sei wieder viel los in Berlin –
im Vergleich zum Normalzustand ist der lokale Veranstaltungskalender aber
immer noch leergefegt. 40 Konzerte diesen August versus 134 Konzerte im
August 2019 sind im Online-Eventkalender GoOut zu zählen. Wie blickt die
Berliner Konzertlandschaft auf die kommenden Monate?
Inzwischen ist zwar einiges an Veranstaltungen wieder erlaubt: draußen mit
bis zu 2.000 Menschen sowieso, [1][seit Samstag] genehmigt die
Senatsverwaltung für Gesundheit in Ausnahmefällen auch bis zu 5.000
Personen. Aber die Auflagen sind umfangreich: Alle Zuschauer*innen
müssen negativ getestet, geimpft oder genesen sein und einen festen
Sitzplatz haben. Es braucht ein Hygienekonzept, die Regeln können sich je
nach Infektionsgeschehen immer wieder ändern. Und jetzt bringt auch noch
die Deltavariante eine Extraportion Unsicherheit in die Zukunftsplanung
rein.
Eine große Verschiebe- und Absagewelle für die nächsten Wochen hat das noch
nicht ausgelöst. Viel lässt sich sowieso nicht verschieben: Die großen
internationalen Acts kommen erst im nächsten Jahr wieder nach Deutschland,
die Vorlaufzeiten sind schlicht zu lang. Abgesehen davon haben die
Veranstalter*innen viele Konzerte nicht für den Sommer geplant,
sondern direkt für den Herbst.
Vermutlich dachten sie, dass die Pandemie dann vorbei sein würde – oder
dass dann zumindest genug Zuschauer*innen erlaubt seien, sodass sich der
Betrieb rentiert. Danach sieht es mit aktuell steigenden Inzidenzen jedoch
nicht aus. Vieles werde weiter in die Zukunft verschoben, sagt etwa die
Kreuzberger Ticketverkaufsstelle Koka36.
## Seeed plant Konzerte im August
Die Berliner Band Seeed hingegen hat noch Auftritte für Mitte August
geplant; an fünf Tagen, Wuhlheide, seit zwei Jahren ausverkauft, pro
Konzert 17.000 Tickets. Hofft die veranstaltende Konzertagentur Loft etwa,
dass das in einem Monat erlaubt ist?
Dazu könne man sich erst Ende der Woche äußern, sagt ein Sprecher der
Agentur der taz. Man sei noch in Gesprächen mit den Akteuren, die an einem
Konzert solchen Ausmaßes beteiligt sind: Veranstaltungsort, Künstler*innen,
Tourneeveranstalter*innen, Dienstleister*innen und nicht zuletzt die
Behörden. Die behördliche Erlaubnis würde nicht langfristig erteilt. Drei
Konzerte, die im Juli in der Waldbühne stattfinden sollten, hat die Band
schon gecancelt. Da waren die Auflagen im Vorfeld eindeutig gewesen –
verboten.
Zuletzt war die Waldbühne Schauplatz für einen [2][Testlauf], wie es sie
zurzeit oft gibt. Die Berliner Philharmoniker hatten ihr traditionelles
Saisonabschlusskonzert auf drei Konzerte aufgeteilt, das erste fand Ende
Juni mit 5.000 Zuschauer*innen statt. 3.000 mehr als offiziell erlaubt,
dabei testete man ein QR-Code-System der Charité, um Testergebnisse und
Impfnachweise digital zu erfassen.
Die Berliner Kulturverwaltung bewertet das Konzert positiv. Es habe
gezeigt, dass so etwas in der Größenordnung machbar sei: „Es ist die Regel,
dass wir aufgrund der neuen Verordnung und des Hygienerahmengesetzes
Outdoor-Veranstaltungen mit über 2.000 Leuten in Absprache mit der
Senatsverwaltung für Gesundheit genehmigen können“, sagt eine Sprecherin
der Senatsverwaltung für Kultur.
Auch wenn es bei einem Klassikkonzert anders zugeht als bei dem einer
Mega-Band wie Seeed – ähnliche Modelle werden bereits seit Monaten erprobt.
Die Ergebnisse machen Hoffnung: So hatten sich im März bei einem Konzert in
Barcelona von 5.000 Besucher*innen nur zwei Menschen nachweislich mit
Corona infiziert – allerdings trugen auch alle Masken. Zur Normalität sind
solche Modelle noch nicht geworden.
## Draußen und klein
Übrig bleiben Konzerte in kleinerer Größenordnung. Da finden die meisten
noch draußen statt, die Veranstalter*innen nutzen Open Air als
Möglichkeit. So organisiert Ran Huber, Inhaber der kleinen Konzertagentur
„Am Start“ Konzerte im Garten des Humboldthain Club in Mitte. Doch nur
vorübergehend: Als er die Genehmigung dafür bekam, habe ihm das Ordnungsamt
klargemacht, dass dies nur eine Ausnahme sei. Diese Konzerte finanziert er
durch Gelder aus dem Förderprogramm Neustart Kultur, das der Bund
vergangenen Herbst aufgelegt hatte.
Von den Geldern zehrt auch der [3][Festsaal Kreuzberg] in Treptow.
Eigentlich arbeitet der Club ohne Fördergelder, aber das war vor der
Pandemie. „Unsere Konzerte jetzt gehen nur, weil sie gefördert sind“, sagt
Geschäftsführer Björn von Swieykowski. Vergangene Woche fand dort mit dem
Berliner Independent-Star Masha Qrella das erste Konzert drinnen statt. Mit
150 Personen, wo normalerweise 1.000 Menschen reinpassen.
Um draußen Konzerte machen zu können, baut der Festsaal eine Bühne auf dem
Parkplatz vor dem Haus auf. Theoretisch dürften dort inzwischen 500
Menschen mit Maske und ohne Abstand tanzen – Swieykoswki aber will
weiterhin nur 250 reinlassen, wegen des Abstands.
Auf die Deltavariante blickt er mit gemischten Gefühlen: „Das ist jetzt ein
Wettlauf: Sind die Impfungen oder Delta schneller?“ Es sei für den Betrieb
nervig und belastend, wenn sich die Regeln veränderten, aber man merkt ihm
einen gewissen Pragmatismus an.
Für den Herbst hat der Festsaal Kreuzberg schon Konzerte beim neuen
Sonderfonds vom Bund registriert. Der soll die Verluste ausgleichen, die
entstehen, wenn die Ticketeinnahmen nicht die Kosten decken, weil
coronabedingt zu wenige Tickets verkauft werden dürfen.
Veranstalter*innen müssen das Event vorher registrieren und kriegen
danach einen Teil des Ticketpreises als Zuschuss.
Für größere Konzerte bietet das Programm eine Ausfallversicherung, die
Versicherungsgesellschaften seit Corona kaum mehr abschließen. In Berlin
waren vergangene Woche schon 308 Veranstaltungen registriert. Auch wenn
vieles schon über den Herbst hinaus umdisponiert wurde und ein
Normalbetrieb noch in weiter Ferne liegt: Die kleinen
Veranstalter*innen planen weiter.
13 Jul 2021
## LINKS
[1] /Feiern-im-Park/!5780793
[2] /Berliner-Kultur-nach-dem-Lockdown/!5752792
[3] /Sophia-Kennedy-in-Berlin/!5780988
## AUTOREN
Cristina Plett
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Schwerpunkt Coronavirus
Musik
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taz-Serie Corona glokal
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